Landwirtschaft: Klimakrise wird ungebremst weiter gefördert.
Der Rat der Europäischen Landwirtschaftsminister sowie auch das Europäische Parlament haben für die nächsten sieben Jahre Beschlüsse gefasst, die gerade in den fortschrittlicheren Teilen offenbar noch hinter die Vorschläge der Kommission (diese siehe hier, Politikfelder) zurückfallen.
Erschreckende Beschlüsse des Ministerrats
Die im Ministerrat federführende Deutsche, Julia Klöckner, hat die geplanten Eco-Schemes (u.a. wohl durch den Widerstand von Polen und Griechenland) mit ihrem Kompromissvorschlag stark verwässert. So ist davon für eine Klimapolitik nicht mal mehr ein kleinster gemeinsamer Nenner übrig geblieben. Es gibt keine Verpflichtungen zum Schutz der Natur und des Klimas, nur noch freiwillige Maßnahmen! Und das, obwohl die Landwirtschaft der drittgrößte Emittent von schädlichen Treibhausgasen ist (Handelsblatt). Die Direktzahlungen werden weiterhin quasi bedingungslos an die Fläche geknüpft, in Deutschland offenbar in Zukunft 300.-€ pro Hektar (FAZ).
60% der EU-Agrargelder sind für Direktzahlungen vorgesehen. Die Staaten müssen sie offenbar auch tatsächlich dafür verwenden. (Info der europ. Grünen) Laut Klöckner werden nur 20% der EU-Direktzahlungen an „leichte“ bzw. freiwillige Öko-Auflagen gebunden. Sie fallen damit hinter bisher schon geltende Auflagen zurück. Kleine Bauern werden – wie bisher – strukturell benachteiligt. Die industriell aufgerüsteten Agrobetriebe erhalten – praktisch ohne wenn und aber – weiterhin je größer desto mehr.
In Zukunft soll vor allem vermehrt „Präzisionslandwirtschaft“ stattfinden, d.h. die Maschinen sollen Dünger und Pestizide feiner verteilen. (vgl. hier das Bild über dem Agrarartikel)
Irreführende Bewertung als Systemwechsel
Klöckner aber „verkauft“ die durch diese alte Politik weiter gehende „Vergiftung“ der Lebewesen in, auf und neben den riesigen beackerten Flächen als Systemwechsel. Dabei ist eine Extensivierung der Tierhaltung schon gar nicht angedacht. Offenbar gibt es nicht mal eine nennenswerte Verbesserung des sog. Tierwohls. Es gibt auch kein Umsteuern zu mehr marktwirtschaftlich ausgerichteten Elementen. Es geht um die Beibehaltung der globalen Ausrichtung der exportgesteuerten industriell geführten Betriebe. Also um ein „Weiter so“.
Der einzige mögliche Fortschritt – eine Deckelung
Die mit nichts mehr zu rechtfertigenden planwirtschaftlichen Flächenprämien werden evtl. erstmals gedeckelt auf maximal 100.000.-€ . So hatte die Kommission das bereits vorgeschlagen. Bisher könnte ein tschechischer Großagrarier 1,3 Millionen € pro Jahr erhalten, ein Biobauer 5000 € (so das ZDF zum Ministerratsbeschluss am 21.10.). Allerdings folgt erst noch Trilog. Das sind die Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Agrarministerrat. Dort handeln die jeweiligen Verhandlungsführer den Kompromiss aus. Erst dann wird sich zeigen, ob die Deckelung tatsächlich verpflichtend wird oder ob auch hier jeder Staat frei entscheiden kann.
Klöckner jedenfalls war von Beginn an gegen jede Verpflichtung auch in diesem Punkt.
Ist noch eine nennenswerte Reform zu erwarten?
Wie es möglich ist, dass trotz hehrer Ziele für einen Green Deal auf breiter Fläche für die nächsten sieben Jahre in der Agrarpolitik nicht mal mehr ein Einstieg in ein Reförmchen auf dem Tisch liegt? Selbst im Parlament nicht! Es ist so: Lobbyisten und die Agrarlobby haben auf breiter Front gesiegt: Bei den Lobbyisten gehören z.B. „die Aldi-Erben zu den Großgrundbesitzern und … auch der börsennotierte Rückversicherungskonzern Munich Re kauft als Investor große Flächen von Land auf.“ Denn Land verspricht „dank der EU- Förderungen eine sichere Rendite“ (Die Zeit) Aber so das Fazit des Artikels: „Bleibt die EU taub für die Argumente der Wissenschaft, blind für die Dimension der Probleme, dann ist dies eine Bankrotterklärung“.
Im Parlament jedoch haben sich Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberale und Rechte zusammen getan. Von dort ist kein entscheidender Impuls mehr zu erwarten. Es wird sich für sie vermutlich „auszahlen“. Hinten runter fällt der Schutz der Biodiversität. Auch der CO² – Ausstoß der Landwirtschaft wird sich in keiner Weise verringern. Und das Tierwohl unserer Nahrungstiere wird weiterhin sträflichst missachtet.