Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, sagt man. Aber drei? Gestern jedenfalls traf es gleich drei große Erdölfirmen an ein und demselben Tag: Royal Dutch Shell und ihre 11.000 Tochterfirmen in 140 Ländern, sowie Chevron und Exxon also Esso. Was passierte?
Gerichtsurteil gegen Shell
Die erste gute und vielleicht auch die weitreichendste Botschaft kommt aus Den Haag. Ein niederländisches Gericht hat Shell per Urteil verpflichtet, den gesamten CO²-Ausstoß des Konzerns bis 2030 um 45% zu senken gegenüber 2019! Das gilt sowohl für die Zulieferer wie auch die Endabnehmer. Das ist ein gewaltiger Eingriff in das Verhalten des Konzerns – international erstmals. Allerdings war der Konzern bereits im Februar zu Schadensersatzzahlungen in Nigeria verurteilt worden. Er hatte zunächst das Nigerdelta verschmutzt (und danach die giftigen Abwasser direkt ins Meer geleitet, wofür er noch nicht verurteilt worden ist). Dennoch: dieses und das Verfahren, das gestern zum Abschluss kam, „gelten als wegweisend für die Haftung und Verantwortlichkeit großer Konzerne.“ (BR ). Die CO²-Daten sind in den Quartals- und Jahresberichten zu veröffentlichen.
Shell berichtet erstmals im Frühjahr 2024 über seine Anstrengungen zur Reduzierung seiner Emissionen.
Sieg gegen das Chevron Management
Der zweite Schlag traf Chevron. Auf der Aktionärsversammlung stimmten 61 % dafür, die CO²-Emissionen radikal zu reduzieren. Der Aktivist, Mark van Baal, der mit seiner holländischen Kampagnengruppe „Follow this“ dafür gekämpft hatte, den Konzern damit zu konfrontieren. Er nannte das Votum einen Paradigmenwechsel und einen Sieg im Kampf gegen den Klimawandel. (The Guardian Weekly, News)
Seither war nichts wieder von Chevron zu hören. Erst im Frühjahr 2024 ist zu lesen, dass Chevron nun in die CO²-Speicherung investieren will. Das geht allerdings in keiner Weise in die CO²- Reduktion oder gar Vermeidung, ist also keine nachhaltige Anstrengung. Gedacht ist es nur für die Bereiche, die industriell weiter gebraucht werden, in denen sich die Reduktion aber nicht bewerkstelligen lässt.
Wow! Abwahl von zwei „fossilen“ Direktoren
Und es traf die Direktoren von EXXON Mobil in den USA. Denn die Manager weigerten sich beharrlich, „den Klimawandel ernst zu nehmen“ und ihre Unternehmensstrategie zu ändern. Im letzten Jahr hatte sich ein sehr kleiner Hedgefonds gebildet, Engine No. 1. (Im Gegensatz zu großen Investmentfonds sind das Fonds, deren „Geschäftszweck in alternativen Investments besteht“. Aggressiv auftretend gehen sie höhere Risiken ein). Zwar halten die Neuen nur 0,02 % der Aktien anstelle des größten Aktionärs Black Rock mit 6,7 % Anteil. Aber sie konnten die Mehrheit überzeugen, zumindest zwei Direktoren von EXXON auszutauschen. Das Ziel: die Herausforderung durch die Klimakrise „in einen langfristigen Business Plan“ zu verwandeln. Der Verweis darauf, dass andere Öl-Giganten bereits ihre Standbeine in erneuerbaren Energien ausbauen, half. So waren die Asset Manager von Black Rock und den Investment-Konzernen (Vanguard und State Street Global Advisors) für einen Einstieg in den Wandel zu gewinnen.
Mai 2024: ExxonMobil bleibt bei seinem klimaschädlichen Kurs
Es ist der größte amerikanische Ölkonzern. Eine überwältigende Mehrheit von 98% der Aktionäre bestätigte auf der jährlichen Konferenz den alten Kurs. Das Management hatte gegen das Vorgehen der Aktivisten geklagt. Es erhielt insgesamt Rückendeckung für seine harte Linie.
Der Anfang für ein breiteres Umdenken?
Interessanterweise konnte festgestellt werden, dass Begriffe, die zunächst nur von Klimaaktivisten benutzt wurden, in der Investoren – Gemeinschaft mehr und mehr zum allgemeinen Wortschatz werden. (The Guardian, s.o. und npr und MSNBC, Rachel Maddow).Aber werden sie damit auch zu Zielen? Oder geht es eher um Greenwashing?
Ergänzungen vom Nov. 2022
Grüne Geldanlagen beim weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock. Wer nun denkt: es geht, selbst die sind auf dem richtigen Weg, muss mit Erschütterung zur Kenntnis nehmen: „Vor zwei Wochen hat Missouri (ein großer US-amerikanischer Staat, der seit 2005 von Republikanern regiert wird, Anm. von der Verf.)) eine halbe Milliarde Dollar bei BlackRock….a b g e z o g e n – aus Protest gegen dessen grüne Geldanlagen.“ Bei mehr als 8 Billionen Dollar Anlagevolumen vermutlich verkraftbar. Aber auch andere republikanisch regierte US-Staaten wollen keine Geschäfte mehr mit BlackRock machen. Der Konzern ist auch in grüne Investments eingestiegen. Seine Philosophie dabei: „Wir fokussieren uns nicht auf Nachhaltigkeit, weil wir Ökologen sind. Wir tun es, weil wir Kapitalisten sind“.
Zwischen-„Spiel“ schon wieder beendet
„Anfang Dezember 2023 verkündete Larry Fink, der CEO der weltgrößten privaten Investmentgesellschaft BlackRock, sein Unternehmen werde in Kryptowährungen einsteigen. Dadurch wurde das Interesse an der schwächelnden und extrem von fossilen Brennstoffen abhängigen Krypto-Branche kurzzeitig wieder angefacht.“ In dem Artikel wird nach diesem Einstieg nachgewiesen, dass BlackRock keineswegs weiter in grüne Geldanlagen investiert hat, sondern, dass die Ankündigung lediglich Greenwashing und eine PR-Aktion gewesen sei. Man habe damit jedoch ein sehr positives Medienecho ausgelöst. Aber selbst wenn Anleger dann klimafreundliche Anlagen vorschlugen, ist Blackrock nach neueren Analysen darauf keineswegs eingegangen.
Inzwischen bezweifeln einige Analysten ohnehin, dass Investitionen in nachhaltigere Anlagen profitabel seien. Das mag allerdings durch die Energieknappheit beeinflusst sein, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hervorgerufen worden ist. Aber wenn sie in der „Welt“ publizieren, mögen dahinter sogar bestimmte Kapitalinteressen stehen.