Das Recht auf Selbstbestimmung und Souveränität
Endlich ist die bleierne Decke des „deutschen Sonderweges“ zurückgestoßen worden. Damit ist die absurde Tatsachenverdrehung vom angeblichen ‚Säbelrasseln der Ukraine‘ unmissverständlich vom Tisch gefegt mit der Klarstellung :
„Wir sind inmitten der Gefahr…eines Krieges in Osteuropa. Und dafür trägt Russland die Verantwortung!“ Aufhorchen lässt auch das überfällige deutsche Bekenntnis zur Freiheit der Ukraine: „Die Menschen dort haben ein Recht auf ein Leben ohne Angst und Bedrohung, auf Selbstbestimmung und Souveränität. Kein Land der Welt hat das Recht, das zu zerstören – und wer es versucht, dem werden wir entschlossen antworten!“ Damit ruft der oberste Repräsentant Deutschlands den Schwankenden und Zweiflern in Erinnerung, was das Fundament unserer Werte ausmacht.
Die Stärke des Rechts und der Demokratie
„Unsere Gemeinschaft ist die Gemeinschaft liberaler Demokratien, die die Stärke des Rechts über das Recht des Stärkeren stellt“.
Der Bundespräsident ist es, der jetzt die Notwendigkeit 1. einer „klaren Ansage“ und 2. der „Definition des richtigen Zeitpunktes“ erkennt. Und er verknüpft die Verpflichtung auch Deutschlands (!) zur eindeutigen Positionierung Russland gegenüber mit der Erwartung der Demokratie an die Menschen. Das hat es in der deutschen Politik so derzeit noch nicht gegeben. Und darüber hinaus mahnt er: „Frieden…muss immer wieder erarbeitet werden, im Dialog, aber wo nötig, auch mit Klarheit, mit Abschreckung, mit Entschlossenheit. All das braucht es jetzt.“ …Und seine Analyse gipfelt in der Aussage:
„Ich kann Präsident Putin nur warnen: unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!“
Das Bekenntnis zu den Institutionen des Westens
In Erinnerung daran, was wir nach dem 2. Weltkrieg dem Westen zu verdanken haben, macht der Bundespräsident heute klar: „Deutschland ist Teil der NATO und der Europäischen Union. Ohne sie würden wir Deutsche nicht in Einheit und Freiheit leben. Das vergessen wir nicht. Ohne jede Zweideutigkeit bekennen wir uns zu den Verpflichtungen in diesem Bündnis.“
Appell an die Bewahrung des Friedens
Und über das einigende Band der westlichen Demokratien untereinander sagt der deutsche Bundespräsident: „Wir suchen nicht die Konfrontation nach außen…Wir wollen friedliche Nachbarschaft in gegenseitigem Respekt.“ Dementsprechend beschließt er seine Ausführungen zu diesem Komplex mit der Erinnerung an die gemeinsame Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki vor 50 Jahren. Jene habe über diese Zeit den Frieden in Europa gesichert. Und da ist der Unterzeichnerstaat Russland eingeschlossen. Damit das auch weiter so bleibt, appelliert er in dramatischen Worten an „Präsident Putin:“
“ Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine! Suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt!“
Im dem Krieg, den Russland der Ukraine aufgezwungen hat, ist in der Wahrnehmung der westlichen Öffentlichkeit Anfang April ein Wandel eingetreten. Bilder aus dem nordwestlich von Kiew gelegenen Butscha, aus dem die russische Armee sich zurückgezogen hat, haben diesen Schock ausgelöst. Geschätzt 400 Zivilisten liegen auf den Straßen mit Anzeichen für Folter, Vergewaltigung und weitere Scheußlichkeiten. Jetzt wird von Kriegsverbrechen gesprochen. Und von neuen europäischen harten Sanktionen gegen Russland.
Unter diesem Druck hat Bundespräsident Steinmeier nun erstmals eingeräumt, es sei falsch von ihm gewesen, das Projekt North Stream 2 unterstützt zu haben. „Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland selbst nicht mehr geglaubt hat und vor denen Partner uns gewarnt haben.“ (vgl. dazu hier unsere Kritik am Präsidenten)
Die Wahrnehmung seiner Rolle seit seiner Wiederwahl
Es ist wichtig, dass der höchste Repräsentant unseres Staates, sich in der Lage sieht, einen Fehler einzugestehen.
Früher als die Regierung hat er die Gefahr eines neuen Krieges in Europa als allein in Russlands Verantwortung stehend benannt. Das war in der Rede nach seiner Wiederwahl zum Bundespräsidenten, also zu Beginn seiner 2. Amtszeit, elf Tage bevor Russland den Krieg begann. Fast alle Anderen sagten am Morgen nach Kriegsbeginn, am 24.2.2022, sie hätten sich einen russischen Angriffskrieg nicht vorstellen können. Und vier Wochen später war es auch der Bundespräsident, der uns Deutschen fast als Erster klar und deutlich sagte, „viele Härten liegen erst noch vor uns“.
Aber eine weitere Aufarbeitung durch die SPD findet nicht statt
Vor einem guten Jahr haben wir geschrieben, der Bundespräsident möge in Anbetracht vieler Fehlentscheidungen der deutschen Politik gegenüber den Ländern in Osteuropa eine Kommission einsetzen. Bestückt mit Experten für Osteuropa solle diese die Fehler deutscher Regierungen der Nachkriegszeit, auch jene der SPD, aufarbeiten.
Gerade für die Frage der Waffenlieferung durch Deutschland wäre das eine wichtige Voraussetzung für adäquates und gerechtes Handeln heute. Die Phrase „Waffenlieferungen so viel und so lange wie nötig“ anstelle eines klaren Bekenntnisses zum Sieg der Ukraine würde durch eine Aufarbeitung der Fehler der deutschen Regierung als erneute Fehlentscheidung entlarvt. Dies ist eine Flucht aus der Verantwortung, die wir für die Ukraine haben.