EU einigt sich auf ein CO²-Gesetz

Das bisher größte Paket der unter dem Namen Green Deal angedachten Reformen hat die wichtigste Hürde genommen. Es hat den Rat passiert. Das heißt, die Vertreter der Mitgliedsstaaten haben ihm zugestimmt. Abschließend muss es zwar noch einmal durch das Parlament, aber das ist wohl eher eine Formsache. Denn das Votum des Rates ist bereits eine Bestätigung der Trilog-Verhandlungen, die  vor Weihnachten 2022 stattfanden.

Erweiterung des Emissionshandels ist der erste Schritt

Die Vorgabe der Geschwindigkeit der Treibhausgasreduktion für fossile Kraftwerke und für die Industrie wird verdoppelt! Bis 2030 sollen die Emissionen gegenüber 2005 schrittweise statt ursprünglich geplant um  45% nun um insgesamt 62% sinken. Damit verschärft die EU den Emissionshandel sowohl für die Industrie wie auch für die Energieproduktion.

Das Gesetz gilt für die Groß-Industrie

Der Kompromiss betrifft zum einen die Industrie, ganz besonders die Stahl-erzeugende und die Strom-erzeugende Industrie und auch die gewerbliche Luftfahrt. Auch die Emissionen des Seeverkehrs werden einbezogen. Bisher haben die Verschmutzungsrechte = Zertifikate die Industrie nichts gekostet. Die Reform schafft das schrittweise ab. Das bedeutet, die Firmen bekommen jährlich immer weniger kostenlose Zertifikate.

Und das Gesetz gilt für 450 Millionen Menschen

Klimaschädliche Treibhausgase werden nun auch für Privatpersonen teurer. Denn das Gesetz sieht einen CO²-Preis für die private Nutzung fossiler Energien vor. Die fossilen Energien nutzen wir mit Öl- und Gas-Heizungen, sowie im Verkehr mit Motoren, die Benzin oder Diesel verbrennen. Also müssen die Firmen, die uns diese Energien verkaufen, ebenfalls Zertifikate kaufen. Und natürlich geben sie den Preis an ihre Käufer weiter.

Der CO²-Austausch verteuert sich  von Jahr zu Jahr.  Die Verknappung der Zertifikate soll die Industrie genauso wie die Bürger*innen zur Umstellung auf erneuerbare Energien anregen (E-Autos , bzw.  Isolierung der Häuser).

Aufbau eines neuen Emissionshandelssystems für weitere Bereiche

Nun nimmt die EU auch den Verkehr  und damit auch den Transport ins Visier. Außerdem hat die EU beschlossen, auch die  Energieeffizienz der Gebäude soll Teil eines EU-Zertifikate-Systems werden. Die EU will für diese Sektoren noch spezielle Gesetze erlassen wie z.B. das Aus für Verbrenner-Motoren oder einen Deckel für Gebäude-Emissionen. Wenn diese Gesetze erst einmal umgesetzt sind, werden 85% aller Treibhausgasemissionen im neuen Zertifikate-System erfasst sein. Allerdings soll ein Marktmechanismus verhindern, dass die Preise für die Emissions-Zertifikate zu schnell steigen.

„Ein stärkeres Emissionshandelssystem wird uns helfen, Investitionen in die Dekarbonisierung voranzutreiben“, sagte Frans Timmermanns, der zuständige Kommissar zu der Verabschiedung des Gesetzes.

Neu und gut durchdacht: ein Klima-Sozialfonds

Den EU-Politikern ist klar: nicht alle Branchen und auch nicht alle Staaten können die Reformschritte und die neuen Anforderungen in so kurzer Zeit alleine bewältigen. Die EU legt deshalb einen neuen EU-Klima-Sozialfonds auf. Sie stattet diesen mit stolzen 86 Mrd. Euro aus.

Da der Emissionshandel Geld in die Kassen der Staaten bringt, fällt die Auflage des neuen Fonds nicht besonders schwer. 65 Mrd. will die EU beisteuern. Die Staaten sollen rund 21 Mrd. in den EU-Fonds zahlen.

Die Einnahmen der Staaten durch den Emissionshandel fließen entweder in den jeweiligen Klimafonds zur Unterstützung der Umstellung auf erneuerbare Energien oder in eine notwendige soziale Unterstützung. Das soll die EU-Ausgaben für solche Klimaprojekte ergänzen.

Das Geld für den sozialen Ausgleich wird allerdings nicht gleichmäßig ausgeschüttet, sondern die EU sieht vor, ärmeren Ländern mehr Geld  zu überweisen. Außerdem führt die EU einen CO²-Grenzausgleich ein. Dieser soll EU-Länder vor billigerer Ware aus dem EU-Ausland, das keine CO²-Abgaben erhebt, schützen.  Denn an der Grenze werden Abgaben für Ware aus Drittländern erhoben.

Dieses Verfahren ist gänzlich neu. Erstmals wird die EU finanzielle Folgen, die aus EU-Gesetzen hervorgehen, durch Unterstützungsmaßnahmen abmildern oder auffangen.

Was noch am Ziel der Treibhausgas-Neutralität der EU bis 2050 fehlt

Noch hat die EU den großen Bereich der Landwirtschaft (und damit auch der Fischerei) nicht in den Blick genommen. Außerdem muss die EU – wie schon oben beschrieben – Gesetze für die Gebäudeenergie fertigen, sowie für die Energiebesteuerung und für die Erneuerbaren Energien.

Dekarbonisierung Europas durch die Reform

Die Einigung auf dieses Gesetz ist wohl der entscheidende Schritt vorwärts, um die Klimaziele des Green Deal und eine schneller werdende Dekarbonisierung Europas zu erreichen. Schließlich werden die Vorgaben immer weiter angezogen. Die Geschwindigkeit der Treibhausgasminderung wird in Zukunft mehr als verdoppelt, so der Kommentar von Sven Giegold, Staatssekretär im deutschen Wirtschaftsministerium. Und Frans Timmermanns erklärt das neue, verschärfte System zum zentralen Dreh- und Angelpunkt des Green Deal. Es ist wohl das bisher umfassendste Klimagesetz der EU (Markus Preis, EU-Korrespondent der Tagesschau, 19.12.2022, 20 Uhr)

Nach Meinung ihrer Experten hat die EU den größten Teil der notwendigen Gesetze zur Erreichung der Ziele des Green Deal auf den Weg gebracht.

(Quellen  , sowie Newsletter von Sven Giegold vom 8.2.2023: Erfolg für den Klimaschutz: EU-Klimapaket und Klimasozialfonds durch Mitgliedsländer angenommen!