Strominfrastruktur der drei Baltischen Staaten wird von Russland getrennt
Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben Estland, Lettland und Litauen ihre Stromimporte und auch Exporte aus und nach Russland komplett eingestellt. Die drei EU- und NATO-Länder sind allerdings noch Teil eines gemeinsamen, synchron geschalteten Stromnetzes mit Belarus und Russland und einem Kernkraftwerk in Leningrad. Das sog. Brell-Ringsystem hatte die UdSSR geschaffen.
Der Brell-Vertrag läuft am 7. Februar aus. Das haben die Betreiber des Stromübertragungsnetzes der drei Staaten den russischen und belarussischen Strom-Übertragungsnetzbetreibern am 16.7.2024 mitgeteilt. Das Energiesystem der baltischen Staaten wird danach synchron an das Energiesystem Kontinentaleuropas angeschlossen. Diese Synchronisierung ist der letzte Schritt zur Unabhängigkeit des Baltikums im Bereich der Stromversorgung.
Vereinbarung mit Europäischer Kommission 2018
Laut dieser sollte der Wechsel erst Ende 2025 stattfinden. Aufgrund der Aggressionen Russlands gegen die Ukraine haben die Staaten des Baltikums jedoch auf eine frühere Umsetzung der Trennungsabsicht gedrängt: lieber 2024 als 2025. Das scheiterte an der Umsetzbarkeit. Über Land wird der Interkonnektor LitPol-Link eine Leitung von Polen nach Litauen sein. Außerdem soll der Harmony-Link geschaffen werden, ein 330 km langes Unterseekabel von Polen nach Litauen. Dessen Inbetriebnahme kann allerdings vermutlich erst 2028 stattfinden.
Störung der Strominfrastruktur durch russische Tanker
Am 1. Weihnachtstag 2024 hat mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Öl-Tanker der russischen Schattenflotte (Angaben der EU) ein Unterseekabel in der Ostsee zerrissen. Es handelt sich um Estlink 2, eine Verbindung von Estland mit Finnland. Finnland konnte das Schiff festsetzen, bevor es wieder internationale Gewässer erreicht hatte. Spuren am Tanker weisen auf die Beschädigung durch die Ankerkette hin, außerdem gibt es eine 60km lange Schleifspur durch den Anker am Meeresboden.
Die Balten betrachten den Vorfall als klare Eskalation mit dem Ziel, die Trennung infrage zu stellen. Es handelt sich um einen hybriden Angriff. Er führte u.a. zu einer kurzzeitigen fünffachen Erhöhung von Strompreisen in Estland. Die baltischen Strombetreiber gehen allerdings nicht davon aus, dass dieser Vorfall ein Risiko für die Loslösung der Verbindung zum russischen Netz darstellt. Jedoch haben sie keinerlei Aufheben von ihren Plänen gemacht. Denn als die Ukraine Anfang der zwanziger Jahre ähnliche Pläne verfolgte, begann Russland mit dem völkerrechtlichen Angriffskrieg auf das Land.
Litauen und Polen haben deshalb den Schutz des grenzüberschreitenden Stromkabels LitPol Link verstärkt durch Überwachung, physische Verstärkung und verstärkte Koordination. In der EU gehen alle davon aus, der Anschluss der Balten ein Schritt ist, der „die umfassendere Vision eines sicheren, vernetzten und widerstandsfähigen europäischen Energiemarktes stärkt“.
Kosten für die Synchronisation
Zunächst ist festzuhalten, dass der Schritt der Balten ein konsequenter, aber überfälliger Schritt zu mehr Unabhängigkeit vom russischen Aggressor ist. Der EU-Beitritt der drei Staaten ist Anfang des Jahrtausends, am 1. Mai 2004 erfolgt, also vor gut 20 Jahren. Wie die Zerstörung von Ostseekabeln zeigt, machen geopolitische und geoökonomische Überlegungen die Abkopplung dringend notwendig.
Die Akteure schätzen die Kosten auf insgesamt ca. 1,6 Milliarden Euro. Die EU wird davon 75 % übernehmen.
Aktuell versucht eine Gruppe von Rechtsexperten zu klären, wie mit Schiffen der Schattenflotte rechtlich im Rahmen des UN-Seerechts umgegangen werden kann. Dafür sollen sie rechtliche Leitlinien entwickeln. Und die NATO hat auf einem Gipfeltreffen der Ostsee-Alliierten vom 14. Januar 2925 eine neue Militäroperation namens Baltic Sentry ausgerufen. Angesichts mehrfacher Verletzungen von Ostseekabeln soll das die Marinepräsenz mit neuen Fregatten, Aufklärungsflugzeugen und Unterwasserdrohnen erhöhen. Auch die Reparaturmöglichkeiten sollen schneller in Angriff genommen werden.
Eine Recherchegruppe hat Anfang Februar 2025 herausgefunden, dass drei deutsche Werften allein elf veraltete Tanker der russischen Schattenflotte an die Türkei und an China verkauft haben. Die Länder haben sie dann weiter verkauft.
Tschechien wird unabhängig von allen Öllieferungen aus Russland
Das ist zwar ein anderes Thema, aber angesichts des imperialistischen Angriffskrieges von Russland vom Februar 2022 auf der gleichen geopolitischen Linie. 1964 begann das Projekt der transalpinen Versorgung Süddeutschland und Österreichs mit Rohöl, das in Italien in der Bucht von Triest angeliefert wird. In nur drei Jahren waren die Leitungen hoch über die Alpen fertig gestellt. Die Leitungen, die über den Alpenkamm gehen, versorgen die Raffinerien von Bayern und Baden Württemberg zu 100% und die von Österreich zu 90%.
Jetzt freut sich der tschechische Ministerpräsident, dass die TAL-PLUS fertiggestellt ist und die Abhängigkeit seines Landes von russischem Öl in 2025 vollständig beendet. Nach Angaben des Finanzministers decken die Einnahmen des Öl-Pipelinebetreiber MERO die Kosten für die Erweiterung der Leitungen vollständig. So wird nicht mal der Staatshaushalt belastet.