Wenn hier von China die Rede ist, dann ist das heutige kommunistische China gemeint, nicht die Insel des demokratisch regierten Taiwan.
Bezüglich China ist alles gigantisch, nicht nur die Mauer, sondern auch die Bevölkerungszahl und die Wachstumsraten des Sozialprodukts.
Die Lage des kommunistischen Landes
Dieses China nennt sich traditionell „das Reich der Mitte“. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Lage in Asien. Denn im Norden liegen die großen Nachbarn Mongolei und Russland. Im Süden liegt das Südchinesische Meer begrenzt (nach Westen) von der großen Halbinsel mit Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam, noch weiter südlich auch Malaysia, im Meer der kleine, aber hoch entwickelte Stadtstaat Singapur. Südlich wird das große Meer begrenzt von den zahlreichen Inseln von Indonesien, sowie von Borneo und den Inseln der Philippinen, dahinter eher südöstlich Australien usw.
Im Westen und im Osten
Im Westen hat China sich die großen Länder Ostturkestan, Land der Uiguren, sowie Tibet einverleibt. Westlich davon hat China heute Grenzen mit Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, auch Afghanistan (ein klein wenig) und mit dem ständig umstrittenen Kaschmir, das z.T. zu Pakistan gehört. Südwestlich schließen sich Nepal, Indien, Bangladesch und Myanmar an.
Im Osten von China liegen das ostchinesische Meer, begrenzt von „Nationalchina“, genannt Taiwan, Nord- und Süd-Korea, sowie Japan.
Chinas globale Verortung
Jenseits des Pazifik im Osten liegen die USA. Die Entfernung von China zu äußersten amerikanischen Stützpunkt Hawaii beträgt 9500 km. Ganz am anderen Ende des eurasischen Kontinents liegt im Westen über 7000 Kilometer entfernt die EU mit Polen als östlichstem Land.
Insofern könnte der Begriff „Reich der Mitte“ heute auch so verstanden werden: Ein Reich geographisch „in der Mitte“ in der Ost-Westachse zwischen den USA und der EU und in der Nord-Südachse zwischen Russland und Südostasien und Australien.
Die Han-Chinesen und 55 weitere Nationalitäten
China hat eine Jahrtausende alte Hochkultur. Träger sind die dominierende Gruppe der Han – Chinesen, heute etwa 92% der Gesamtbevölkerung. Auch auf Taiwan sind 97% der Bevölkerung Han-Chinesen. Aber auch 24% der Bevölkerung Malaysias und 70% der Singapurs gehören zu dieser Gruppe. Sie gehen zurück auf das Han – Kaiserreich, das vierhundert Jahre von 206 vor bis 220 nach Chr. existierte.
Von der Bevölkerungszahl her gesehen ist China das größte Land des Globus mit 1,4 Milliarden Einwohnern. Neben den Han – Chinesen gehören dazu weitere 55 offiziell anerkannte Völker bzw. „Nationalitäten“. Die Bevölkerung ist im Osten des Landes, in einem Bereich zwischen Peking und Shanghai konzentriert. Der Westen des Landes ist dagegen nur sehr dünn besiedelt.
Kulturelles
China ist aus europäischer Sicht schwer zu verstehen.
Die Kultur hat eine nur sehr schwer zu entschlüsselnde bzw. zu lernende Schrift.
China hat die „Große Mauer“ – 6260 Kilometer lang – als Abgrenzung ursprünglich gegen die Mongolen erbaut. Diese Mauer ist als einziges menschliches Bauwerk vom Weltraum aus zu sehen.
Song Ding Description, vor 3000 Jahren in Bronze geritzt, gemeinfrei
ein Zeichen steht für einen Begriff, nicht für einen Laut
1. Geschichte Chinas
Die Kaiserzeit beginnt mit der Quin – Dynastie (221-207 v. Chr.) und endet als 13. mit der Quing – Dynastie 1911. Besonders bedeutsam war die fast dreihundertjährige Ming-Dynastie von 1368 bis 1644. Nach dem Zurückdrängen der Mongolen und dem Bau der Mauer! blühte sie kulturell auf: Sie ist uns u.a. durch die Ming Vasen bekannt! Diese Epoche zeichnet sich außerdem durch seefahrerische Leistungen aus. Schließlich ist aus dieser Zeit der Aufbau eines weit gesponnenen Netzwerkes von Geheimdiensten überliefert (Wikipedia). Noch eine Besonderheit hat China geprägt:
In der Zeit der chinesischen Kaiser wechselte das Herrschaftsgebiet oft, d.h. es gibt kein traditionell festgefügtes chinesisches Territorium.
Kolonialzeit
Im 19. Jahrhundert wurde China durch westliche Kolonialherren in zwei Opiumkriegen des 19. Jahrhunderts: 1839-1842 und 1856-1860 gedemütigt. Teeimporte aus China brachten insbesondere Großbritannien ein Handelsdefizit gegenüber China ein. Durch die Opiumkriege zwang es deshalb China, Opium einzuführen. Dadurch sollte die Handelsbilanz ausgeglichen werden. Die Folgen davon in China waren desaströs. Viele Menschen wurden Drogen abhängig und starben frühzeitig.
Weitere Demütigungen
Im Vertrag von Nanking von 1842, nach dem 1. Opiumkrieg, erzwangen die Engländer die Abtretung von Hongkong an Großbritannien. Hongkong wurde dadurch zu einer britischen Kronkolonie. So wurde es zu einem wichtigen Handelsplatz im Welthandel zu Englands Gunsten.
1895 erlitt China im 1. Japanisch-Chinesischen Krieg eine Niederlage. Im Massaker von Nanking, der damaligen Hauptstadt, verübten die Japaner ein Massaker und ermordeten tausende Chinesen.
1912 – 1949 Republik China
1912 erfolgte die Gründung der ersten chinesischen Republik. „Nationalchina“ umfasste von 1927 bis 1949 ganz China auf dem Festland. Das vorübergehend japanisch besetzte Taiwan gehörte seit 1945 dazu. Die Republik China gehörte am dem 24.10.1945 zu den Gründungsmitgliedern der Vereinten Nationen. Auf der Konferenz von San Francisco wurde die Charta der UN unterzeichnet. Als Siegermacht des zweiten Weltkrieges erhielt die Republik China einen Sitz im Sicherheitsrat der UN, der mit dem Vetorecht gegen dessen Beschlüsse ausgestattet ist.
Spaltung durch Bürgerkrieg
Der Bürgerkrieg innerhalb Chinas führte zur Gründung der kommunistischen Volksrepublik 1949 unter Mao Zedong. Der unterlegene Chiang Kai-shek und die ihn unterstützenden Kuomintang flohen nach Taiwan. Aber die Republik China auf Taiwan verlor im Laufe der Zeit an internationaler Bedeutung, nachdem immer mehr Staaten die kommunistische Volksrepublik anerkannten. Am 21.10.1071 wurde deshalb durch Beschluss der UN Vollversammlung sowohl der Sitz in der Vollversammlung als auch der im UN Sicherheitsrat auf die Volksrepublik übertragen einschließlich des Vetorechts in diesem Gremium. Die Republik China auf Taiwan ist seit diesem Datum ohne formelle Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen.
Annexionen durch die Kommunisten
1949 annektierten die Kommunisten Ostturkmenistan mit seiner Mehrheit, den islam-gläubigen Uiguren. Sie benannten das Gebiet um in Xinjiang. Im Oktober 1950 wurde Tibet durch die chinesische „Volksbefreiungsarmee“ vollständig annektiert. China behauptet, Tibet sei untrennbarer Teil seines Staatsgebietes. Die Tibeter beharren demgegenüber darauf, immer eigenständig gewesen zu sein. Tibet war von 1912 bis 1951 ein de facto eigenständiges Land. Jahrhunderte lang hatte es unter chinesischer Suzerität gelebt. Darunter versteht man die Oberhoheit über einen anderen Staat, der über eine begrenzte, unvollkommen ausgebildete Souveränität verfügt. Aber Tibet konnte sich in dieser Zeit auf Grund der inneren Konflikte in China faktisch völlig von der chinesischen Oberhoheit lossagen. Allerdings ohne dabei international als unabhängiger Staat anerkannt zu werden (Wikipedia zu Tibet 1912-1951). Tibet hat unklare Grenzen und die Schätzungen zur Bevölkerungszahl schwanken zwischen 1 und 6 Millionen.
Umerziehungs-Zwang bzw. -Verbrechen
1951 kam es zum ersten Aufstand gegen die chinesische Fremdherrschaft. Er wurde brutal niedergeschlagen. Die Chinesen haben systematisch fast alle tibetanischen Klöster zerstört. Außerdem betreiben sie in Tibet mit eiserner Faust eine Assimilierungspolitik. Sie behaupten, es gelte den negativen Einfluss der Religion zu mindern. Mit militärischem Drill sollen angeblich „rückständige und passive Gedanken in Bezug auf Arbeit“ vertrieben werden. Der Dalai Lama, das Staatsoberhaupt Tibets, erhielt 1989 im indischen Exil den Friedensnobelpreis.
Leider ergeben sich Parallelen zum Vorgehen in anderen Regionen der Volksrepublik wie insbesondere in der „autonomen“ Region Xinjiang im Westen Chinas. Hier leben die Uiguren, eine muslimische Minderheit, die mit einem flächendeckendem Überwachungs- und immer mehr einem brutalen Internierungssystem „umerzogen“ werden sollen. Diese Region gilt als besonders rohstoffreich.
-grün : Umerziehungseinrichtung geringer Sicherheitsstufe -orange : Umerziehungseinrichtung höherer Sicherheitsstufe
-rot : Hafteinrichtung
-lila : Gefängnis mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen
-grau : Umerziehungs- oder Hafteinrichtung ohne Einordnung
-Dreieck : Gebirge
-Quadrat: Stadt (blau)
Rechtfertigungsversuche Chinas
China weist die internationale Kritik an den Menschenrechtsverletzungen zurück. Die Besetzung Tibets sei ein „Akt der Befreiung“ gewesen. Zur Begründung, warum China eisern an der Herrschaft über Tibet festhält, heißt es: ein Entgegenkommen gegenüber Tibet müsste zu ähnlichen Zugeständnissen in Xinjiang führen oder in anderen Gebieten mit Minderheiten. China halte daher an der „Unverletzlichkeit“ von Grenzen fest. Möglicherweise deshalb hat es die Annexion der ukrainischen Krim durch Russland nicht anerkannt. Tibet sei im übrigen schließlich das Quellgebiet großer Flüsse, zum einen in Richtung China, zum anderen in Richtung Indien. Und beide Atommächte achten eifersüchtig auf Ihre jeweilige Wasserversorgung.
Am 23.2.2021 berichtet BBC News, das Parlament von Kanada habe einstimmig (mit 266:0) den chinesischen Umgang mit den Uiguren als Völkermord gewertet. Die Kabinettsmitglieder enthielten sich allerdings. Nach den USA ist Kanada das 2. Land. Auch eine Mehrheit im Niederländischen Parlament hat in dieser Zeit so entschieden. Andere sprechen von einem „kulturellen Genozid“.
Der sog. „große Sprung nach vorn“
Diesen trieb Mao Zedong als Führer der kommunistischen Partei Chinas ab 1959 voran. Er sollte die Gesellschaft grundlegend umwälzen. Es handelte sich um ein fatales Experiment am lebenden Volkskörper in brutaler Verfolgung der kommunistischen Ideologie chinesischer Prägung. Ziel war: die drei großen Unterschiede: Land – Stadt, Kopf – Hand und Industrie – Landwirtschaft – sollten eingeebnet werden. Beispiel dafür ist der forcierte Aufbau der Schwerindustrie. Dazu verpflichtete Mao die Landbevölkerung.
Katastrophale Folgen für die Produktion
Anfang 1961 erreichte China daraufhin den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tiefpunkt. Die Getreideproduktion ging von 299 Millionen Tonnen (1958) auf 100 Millionen Tonnen zurück (1962). Im gleichen Zeitraum sind auch die Zahlen für die Zuckerproduktion von 0,9 Mio. t auf 0,34 zurückgegangen. Die für Baumwolle fielen von 2 auf 0,8, von Roheisen von 13,7 auf 8,1 und von Zement von 9,3 auf 6 t.
Desaströse Folgen für die Bevölkerung
Das Resultat war eine große Hungersnot in den Jahren 1959 – 1962. Die Zahl der umgekommenen Opfer wird zwischen 15 und 45 Millionen geschätzt. In Folge dessen setzte Liu Shaoqi auf dem 9. Plenum der KPCh im Jahre 1961 ein Notstandsprogramm unter den Schlagworten: “Regulierung, Konsolidierung, Ergänzung und Wiederanhebung“ durch. (Wikipedia).
Die Kulturrevolution von 1963 bis 1976
Offenbar ohne aus diesem gescheiterten Experiment und den verheerenden Erfahrungen gelernt zu haben, startete Mao Zedong 1963 die „Sozialistische Erziehungskampagne“, den Vorläufer der Kulturrevolution. Diese begann 1966 und dauerte bis 1976. In China ist diese Zeit auch als „10 Jahre Chaos“ bekannt. Zu dieser Zeit etablierte die Führung Maos Personenkult.
Die Zeit des Terrors
Der „Rote Terror“ umfasste massive Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Morde und Verbannungen. Die Schätzungen in Bezug auf die ermordeten Menschen variieren zwischen Hunderttausenden und 20 Millionen in ganz China. Genannt werden u.a. die Massaker von Guangxi, Guangdong, von Daoxian, die „Säuberungen“ der inneren Mongolei und besonders der Rote August 1966 in Peking. Zu dieser Zeit traf sich Mao mit den Roten Garden auf dem Platz des Himmlischen Friedens vor der „Verbotenen Stadt“, dem früheren Kaiserpalast.
Das Massaker von Peking 1966
Dieses Treffen löste das Massaker in Peking aus. Dessen mörderisches Motto lautete: Zerstörung von „Vier Alten“: alte Denkweisen, alte Kulturen, sowie alte Gewohnheiten und alte Sitten. „Während des Roten Augusts gehörten zu den von den Roten Garden angewendeten Tötungsmethoden das Erschlagen, das Auspeitschen, das Erwürgen, das Tottrampeln, das Verbrühen, das Enthaupten und vieles mehr“ (Wikipedia zu Roter August). Mao Zedong lehnte zur Zeit des Massakers öffentlich jede staatliche Intervention gegen die „Studentenbewegung“ ab. In der Zeit von August bis September 1966 ermordeten die Roten Garden in Peking 1772 Lehrer und Schulleiter. Außerdem durchsuchten sie 33.695 Häuser und zwangen 85.695 Familien, Peking zu verlassen“ (ebenda). Mao Zedong starb 1976. Aber die Unruhen setzten sich noch fast zwei Jahre fort.
Kurswechsel für kurze Zeit
Schon 1981 verabschiedete die Partei eine von Deng Xiaoping ausgearbeitete Resolution, in der die Kulturrevolution umfassend für ungültig erklärt wurde. Das Bild Maos als des großen Führers sowie sein Mausoleum als Verehrungsort verschwanden jedoch bis heute hin nie aus der Öffentlichkeit.
Vier gesellschaftliche Modernisierungsvorgaben
Seit 1978 hatten die neuen Kräfte eine Reform- und Öffnungspolitik hin zu einer „sozialistischen Marktwirtschaft“ eingeleitet. Dabei ging es um vier Modernisierungen: eine Errichtung von Sonderwirtschaftszonen, die Auflösung der Volkskommunen, eine Schaffung offener Küstenstädte und die Durchsetzung der Ein-Kind-Politik.
Daraufhin entwickelte sich die Wirtschaft mit ungeahnten Wachstumsraten. Eine Schattenseite dieser Entwicklung war erneut eine immer größer werdenden Diskrepanz zwischen arm und reich.
Das Tian’anmen-Massaker von 1989
1989 kam es zu Demonstrationen gegen die Politik von Deng Xiaoping. Es war eine Demokratiebewegung, die in vielen Teilen des Landes stattfand. Im Juni ließ Deng Xiaoping sie im Tian’anmen Massaker mit Gewehren und Panzern und geschätzt 2600 Toten brutal niederschlagen.
2. Außenbeziehungen Chinas
China treibt Bemühungen voran, das große südchinesische Meer zu beherrschen. Die Strategie dazu wird u.a. durch die Schaffung künstlicher Inseln verdeutlicht. In Bezug auf diese Inseln beansprucht China dann das Hoheitsgebiet um sie herum.
Infrastrukturprojekte
Seide war vor Jahrhunderten das wichtigste chin. Handelsprodukt auf der ursprünglichen Seidenstraße des 1. Jahrhunderts vor Christus bis ins Mittelalter. Der Schilf-Hut ist die Kopfbedeckung der Reis-Arbeiter auf den Feldern. Beide Objekte stammen aus dem heutigen China.
Das Projekt der „Neuen Seidenstraße“ umfasst den Ausbau besonders der Eisenbahnverbindungen von China bis nach Europa. Beginnend in Peking geht sie über Moskau nach Hamburg, Duisburg, Rotterdam und Madrid. Dazu kommt eine maritime Seidenstraße, zu der u.a. der Kauf des Hafens von Piräus in Griechenland gehört. Es geht aber nicht nur um den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für den internationalen Handel, sondern auch um:
Finanzierungspolitik
China bemüht sich auch um die Schaffung eines Verbundes mit China befreundeter Staaten. Sie sind z. B. in der Asiatischen Infrastruktur Investmentbank zusammengeschlossen. Über Kredite, die diese Bank günstig vergibt, wird von China versucht, diese Länder wirtschaftlich abhängig zu machen. Ein Beispiel ist eine Autobahnfinanzierung in Montenegro, für eine Verkehrsverbindung, für die es keinen Bedarf gibt (Vgl. FR 1.2.2020: “China finanziert eine Autobahn in Montenegro: Vom Traum zur Tragödie“).
Chinas Afrikastrategie
Ähnliches gilt für die chinesische Afrikastrategie. Bereits seit der Unabhängigkeit Namibias im Jahre 1990 unterhält China sehr enge Beziehungen zu diesem Land. Es gewährt umfangreiche Vorzugskredite, z.B. für Infrastrukturprojekte. „Chinesen bauen Straßen und Eisenbahnen in Namibia – und drängen mit ihren Billigpreisen lokale Anbieter aus dem Rennen um Aufträge… 100 000 Chinesen sollen inzwischen in Namibia leben und arbeiten“ (Kölner Stadt Anzeiger 12.3.2010). Es geht China um die Ausbeutung der Uranvorkommen in Namibia. Außerdem wird vermutet, China plane den Bau einer Militärbasis in Walfisch Bay am Atlantik.
Digitalisierung als Zugriff auf die Art der Kommunikation
Welt-Meinungs-Bild zu den Xinjiang Camps: rot Ablehnung, grün wohlwollend zur Internierung, grau keine Position, Gaiba, CC BY-SA 4.0
Die Neue Seidenstraße umfasst auch Projekte in Afrika. Die Telekommunikationsgiganten Huawei und ZTE haben einen Großteil der digitalen Netze in Afrika errichtet. Und seit dem 1.8.2017 unterhält China eine Militärbasis in Djibuti am Horn von Afrika. Alle angeführten Beispiele gehen einher mit starker bis massiver chinesischer Einflussnahme auf Kommunikation und Berichterstattung der jeweiligen Länder besonders China betreffend.
Keine unabhängigen Demokratien vor Chinas Haustür
1842 hatte China Hongkong als Ergebnis des ersten Opium Krieges an Großbritannien abtreten müssen. 1984 vereinbarten England und China in einer Gemeinsamen Erklärung“: Hongkong dürfe von 1997 bis 2047 für 50 Jahre sein eigenes politisches, wirtschaftliches und rechtliches System behalten. Ein Beschluss, der ein Land aber zwei Systeme festschreiben sollte.
Die schrittweise rechtswidrige Einverleibung der früheren britischen Kronkolonie Hongkong
Dementgegen jedoch entschied der ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses Chinas 2014: nur von der chinesischen Zentralregierung abgesegnete Kandidaten werden zur Wahl in Hongkong zum Chief Executive zugelassen. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die gemeinsame Erklärung.
Proteste der Hongkonger
Daraufhin kommt es in Hongkong zur „Regenschirmrevolte“: Sehr große Proteste aus der Bevölkerung legten Teile des Finanz- und Regierungsbezirks Hongkong lahm. Die Hongkonger Polizei ging dabei brutal gegen die Protestierenden mit ihren gelben Regenschirmen als Schutz gegen Wasserwerfer vor. Nach und nach verhaftete die Polizei die studentischen Anführer der Proteste. Und Peking verhinderte die von der protestierenden Bevölkerung geforderten Reformen hin zu mehr Autonomie für Hongkong.
Weitere Demonstrationen
Fünf Jahre später, 2019 gehen Hunderttausende erneut auf die Straße: Sie protestieren gegen Pläne der Regierung für ein Auslieferungsgesetz. Die Demonstranten wollen verhindern, dass Hongkong Verdächtige auf Chinas Ersuchen an die Volksrepublik ausliefert. Es kommt wieder zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nach Angaben der Organisatoren protestieren fast zwei Millionen Menschen. Sie fordern den Rücktritt der China treuen Regierungschefin Carrie Lam und den endgültigen Stopp des geplanten Gesetzes.
Die EU hatte sich hinter die Demonstranten gestellt. Das hatte wütende chinesische Proteste zur Folge. Offenbar hat das kommunistische Land dann Schlägertrupps in weißen T-Shirts nach Hongkong eingeschleust, um bei weiteren Demonstrationen die Menschen auf ihrem Heimweg brutal anzugreifen (Hongkong: 5 Jahre später spannen sie die Regenschirme wieder auf, Panorama, Aktuelle News 31.8.2019).
Im Oktober 2019 nahm die Hongkonger Regierung das umstrittene Auslieferungsgesetz zurück.
Neues „Sicherheitsgesetz“ aus China für Hongkong
Aber im Mai 2020 gibt Chinas Nationaler Volkskongress grünes Licht für ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong: “Es soll sich gegen Aktivitäten richten, die als subversiv und terroristisch eingestuft werden. Vertreter des pro-demokratischen Lagers fürchten, dass damit künftig jegliches kritisches Verhalten gegenüber China strafrechtliche Folgen haben kann“ (tagesschau. de 25.10.2021 „Der Widerstand ist neu entfacht“). Dieses Gesetz bedeutet voraussichtlich das Ende der Autonomie Hongkongs im Jahr 2021. Die Chinesen hatten die Autonomie bis 2047 zugesichert.
Soviel zur Frage nach der Treue zu vertraglichen Vereinbarungen durch kommunistische Regime.
3.Grunddaten und Entwicklungen
Im Unterschied zum heutigen Russland mit seiner Kleptokratie unter Putin und „seinen“ Oligarchen verfolgt die autoritäre Führung der kommunistischen Partei Chinas eine Wirtschaftspolitik, um vielen Chinesen ein besseres Leben zu ermöglichen. Dazu gehören eine breite Versorgung mit Konsumgütern und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Auch bessere Wohnbedingungen sieht die Partei vor. Ob die Bevölkerung damit allerdings durchweg glücklich ist, ist schwierig zu beurteilen. Denn darunter versteht die Partei vermutlich auch die großen Umsiedlungsprojekte weg von den Bauernhöfe hinein in aus dem Boden gestampfte Hochhaussiedlungen. Da die gesamte Bevölkerung minutiös überwacht wird, stellt sich die Frage, ob die anonyme Wohnsituation dazu beiträgt, die Menschen noch besser überwachen zu können. Jedenfalls versucht die herrschende kommunistische Partei die Bevölkerung ruhig zu halten und Aufstände zu vermeiden.
Der Versuch eines chinesischen Weges
Es ist der Versuch, die zuvor konkurrierenden Projekte der Moderne zu verbinden: die partielle Einführung marktwirtschaftlicher Elemente und der Diversifizierung der Wirtschaft und gleichzeitig die Alleinherrschaft des kommunistischen Parteienstaates. Auf diese Weise ist ein neuer Typ einer kapitalistisch dominierten Gesellschaft entstanden. Der monopolistisch herrschende Parteienstaat setzt zwar auf die Lenkungsfunktion der Märkte, aber er versucht, diese weit, weit mehr als andere Regierungen zu steuern.
Der Aufstieg einer untergeordneten Export-Nation
China fungiert heute nicht mehr länger allein als kostengünstige verlängerte Werkbank der Welt, als Montage und Fertigungsstätte für „billige“ Exportgüter einerseits und andererseits als riesiger Binnenmarkt, auf dem z.B. deutsche Unternehmen PKW und Maschinen massenhaft absetzten. Sondern China strebt zunehmend selbst nach wettbewerbsfähigen Unternehmen auf dem Weltmarkt. Deshalb strebt es nach Technologie-politischer Führerschaft. Diese soll einerseits weltpolitisch strategisch eingesetzt werden und andererseits eine durch die Parteiführung gesteuerte autonome Entwicklung ermöglichen (vgl. bpb zu Chinas).
Der erste wirtschaftliche Aufschwung
Dieser erfolgte ab den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts bis ca. 2000 nach der „Öffnung“ durch Deng Xiaoping. Die Industrialisierung wurde vorangetrieben, auch und gerade durch die Nutzung eigener billiger Arbeitskräfte vom Lande. Gleichzeitig wurde eine Exportoffensive auf Grund von Kontraktfertigungen für westliche Unternehmen gestartet.
Wirtschaftsdaten
Die Wachstumsraten des chinesischen BIP lagen 1970-1980 im Schnitt bei 4,3%. In den nächsten dreißig Jahren stiegen sie kontinuierlich: 1980-1990 auf 7,5%, 1990-2000 auf 9,4% und 2000-2010 auf 9,9%. Da diese Raten weit über denen der USA und der EU lagen, wuchs der Anteil am Welt BIP von 1990 von 2,2% auf 12,7% in 2017. Dagegen ging der entsprechende Anteil der USA im gleichen Zeitraum von 23,8% auf 21,8% zurück, der der EU – noch mit GB – von 30,8% auf 23,3%. (bpb, Zahlen und Fakten zu China).
Die Bedingungen für die westliche Wirtschaft
Die Wachstumsraten sind inzwischen jedoch weiter rückläufig: Bis 2020 waren es „nur“ noch 6%. In dieser ersten Boomphase verlangten die chinesischen Wirtschaftslenker einen Techniktransfer als „Preis“ für den Marktzugang. Das bedeutete, westliche Unternehmen mussten ihr technologisches Know How mit den chinesischen Partnerunternehmen teilen – dies gilt z.B. für die westlichen Automobilfirmen, die Produktionsstätten in China aufbauten.
Eine neu angepasste chinesische Außen-Wirtschafts-Politik
Ab dem Jahr 2000 kam es zu einem Wandel der Bedingungen. Die ausländischen Unternehmen gewährte Vorzugsbehandlung wurde verringert. Vor allem Steuerbefreiungen -ohnehin im vorrangigen chinesischen Interesse- bauten die Chinesen ab. Ziel ist es seitdem, die autonome wirtschaftliche Entwicklung Chinas, gefördert durch den Parteienstaat, in den Vordergrund zu stellen.
Die Aufholjagd
Das eine Ziel ist ein technologisches Upgrading der produzierenden Unternehmen mit dem langfristigen Plan, moderne Technologien zu beherrschen. Unter Staatspräsident Xi Jinping geht es zum anderen um die bessere Kontrolle der Wirtschaft durch die Vertiefung der engen parteipolitischen Verbindungen zu den Unternehmen. Staatsunternehmen dominieren deshalb nach wie vor bedeutende Sektoren der Wirtschaft wie die Schwerindustrie und den Transport- und den Energiesektor. Und vor allem: national kontrollierte Kreditinstitute versorgen große nationale Unternehmen, besonders die staatseigenen mit Investitionsmitteln zu Sonderkonditionen.
Daraus resultieren ungleiche Wettbewerbsbedingungen
Diese Entwicklung forciert die Rivalität mit den USA und der EU. Besonders die staatlichen Subventionen von Groß- bzw. Staatsunternehmen werden mit Recht als Verstoß gegen Wettbewerbsgleichheit wahrgenommen. China steigt damit zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten im Hightech – Bereich auf bei gleichzeitiger fundamentaler Systemkonkurrenz.
Der beginnende Abschwung nach der Finanzkrise
Nach der globalen Finanzkrise 2008/9 kam es trotz großer Konjunkturprogramme zu einem Rückgang der chinesischen Wachstumsraten des Sozialprodukts. Einige Analysten erwarten daher eine signifikante Destabilisierung, auch auf Grund der enormen Überschuldung z.B. im Immobiliensektor. Die Reaktion der Parteiführung setzt daher nun auf den Abbau von Überkapazitäten der Produktion sowie der Überschuldung von Unternehmen sowie von Lokalregierungen.
Ein Ende des chinesischen Wirtschaftswunders?
Unter der Überschrift: “Wie stabil ist Chinas Wirtschaft?“ geht DIE ZEIT am 23.9.2021 der Frage nach, ob angesichts drohender Pleiten am Immobilienmarkt und Rekordschulden sowohl bei Privathaushalten als auch bei Unternehmen das chinesische Wirtschaftswunder vorbei sein könnte. Die Antwort lautet: Die Risiken durch ein künstlich aufgeblähtes Wachstum werden immer größer. Die Parteiführung versucht dem entgegenzusteuern durch verstärkte Kontrollen gegenüber großen und reichen Internetkonzernen und durch Maßnahmen gegen „exzessiv hohe Einkommen“.
Die zunehmende Rolle der Parteieingriffe
Ab 2013 folgte eine Stärkung der Parteimacht in Politik und Wirtschaft. „Zudem werden, sehr zum Missfallen des Westens, auch und gerade Staatsunternehmen unterstützt und Privatunternehmen stärker reguliert – selbst Giganten wie der Internetkonzern Alibaba“ (bpb, Das chinesische Wirtschaftsmodell im Wandel. 15.2.2021).
Gleichzeitig gibt es seit 2013 eine große Antikorruptionskampagne der Regierung. Die „Günstlingswirtschaft“ genannte Korruption wird als Legitimationskrise der kommunistischen Partei angesehen und mit der Einschränkung der Autonomie lokaler Verwaltungen beantwortet.
Das Problem der Vereinbarkeit
Die Staatsführung kämpft zudem gegen die „Falle der mittleren Einkommen“: Von 1998 bis 2010 stiegen die Reallöhne von in der Industrie Beschäftigten jährlich um ca. 10% mit der Folge der Verbesserung des Lebensstandards breiter Bevölkerungsschichten. Der „Preis“ dafür war eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit. Die chinesische Wirtschaft konnte nun nicht mehr mit den Billiglohnländern wie z.B. Brasilien mithalten. Entweder muss es zu einer Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung kommen oder aber es wird mit staatlicher Steuerung ein Technologie- politisches Upgrading forciert. Dies schlägt sich in dem Programm: “Made in China 2025“ nieder. Ziel ist der Sprung zu einer Industrienation mit im Weltmaßstab durchschnittlichen hohen Einkommen.
Neue ideologische Vorgaben
Am 23.7.2021 feierte die kommunistische Partei Chinas ihren einhundertsten Geburtstag! (Vgl. DIE Zeit vom 8.7.21 mit der Überschrift: “Mörderische Experimente“ auf S.17). Unter der strengen Überwachung des allgegenwärtigen Präsidenten Xi sind 2017 sieben Themen für Tabu erklärt worden. Das sind eine konstitutionelle Demokratie sowie universelle Menschenrechte. Und natürlich freie Medien und eine eigenständige Zivilgesellschaft. Marktwirtschaftlicher „Neoliberalismus“ und eine unabhängige Justiz, das ist praktisch absehbar. Aber aufhorchen lässt das nächste Thema: „nihilistische“ Kritik an früheren Fehlern der Partei. Ob hier auch einer Aufwertung des „großen Führers“ Mao Tse Dung der Boden bereitet wird?
Ein direktes Beispiel dirigistischer Kommunikation
„Anfang 2018 postete Daimler auf Instagram ein Foto und ein Zitat des Dalai Lama. Die Pekinger Parteipresse, die das geistige Oberhaupt Tibets als Staatsfeind betrachtet, entfachte einen Empörungssturm, und die Daimler – Führung ging auf die Knie: Man habe den Eintrag „sofort“ gelöscht und bitte um Verzeihung dafür, „die Gefühle des chinesischen Volkes zutiefst verletzt zu haben“ (DIE Zeit 25.11.2021 S. 16: „Wie sehr bedroht Chinas Marktmacht die Freiheit?“).
Ein indirektes aber weit umfangreicheres Beispiel
Ein wenig mutiger – zumindest verbal – ist demgegenüber der Bundesverband der Industrie in Deutschland: “Der BDI und seine Mitglieder verstehen sich als Teil der offenen, pluralistischen Zivilgesellschaft in Deutschland und der EU und als Stütze der liberalen Demokratie. Die Geschäftstätigkeit deutscher Unternehmen im Ausland muss sich den in der EU geltenden Wertegrundsätzen verpflichten“ (ebenda). Aber das von der Zeit geplante Streitgespräch zu dem Thema, wie Chinas Marktmacht die Freiheit in der EU bedroht, kam offenbar aus Angst deutscher Unternehmensvertreter vor chinesischen Repressionen nicht zustande — selbst mit dem BDI nicht! Das hat Gründe:
Chinas Aufstieg zum Handelsriesen
Denn China ist inzwischen der wichtigste Handelspartner der EU. 2020 wurden zwischen China und der EU Waren im Wert von 586 Milliarden Euro gehandelt (Importe und Exporte). Das entsprach 16% des gesamten EU-Warenverkehrs. Der Anteil der USA lag nur noch bei 15%. Und während der Handel der EU mit den USA im Vergleich zu 2000 deutlich abgenommen hat, verdreifachte sich der Anteil Chinas im gleichen Zeitraum nahezu von 5,5% auf 16,1%. An Bedeutung verlor demgegenüber auch der Warenverkehr der EU mit Japan: 2000 betrug er 7,5%, 2020 nur noch 3% (Statistisches Bundesamt: Europa, China wird immer wichtiger).
Die gefährliche „Naivität“ deutscher Wirtschaftsbosse
„Front gegen die Freiheit“ heißt ein von Adrian Geiges im August 2024 veröffentlichtes Buch. Geiges war früher selbst Kommunist und baute in Shanghai das chinesische Zeitschriftengeschäft von Gruner und Jahr für Bertelsmann auf. Als intimer Kenner von Xi Jinping berichtet er, wie sehr die kommunistische Partei die westlichen Wirtschaftsvertreter umgarnt und gängelt. Deutsche Konzernleiter sähen nach wie vor nicht, dass Xi durch und durch marxistisch-leninistisch sei und dass diese Ideologie die Wirtschaft überwölbe. Die Profitgier verblende die Konzernchefs und mache sie naiv. 2023 investierten deutsche Konzerne für 11,9 Mrd. Euro in China – ein neuer Höchststand. Sie seien damit in einer gefährlichen Abhängigkeit vom kommunistischen System gefangen. Und das zumal die Abhängigkeit auch im Bereich kritischer Materialien besteht, die für die Herstellung von Batterien, Solaranlagen, aber auch militärischer Ausrüstung unverzichtbar seien.
4. Chinas militärische Entwicklung
Der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in China ist laut Angaben von Statista von 2010 bis 2020 relativ gleichgeblieben mit jeweils ca. 1,75%. Da aber das BIP in diesen Jahren sehr stark gestiegen ist, sind die Militärausgaben absolut gesehen auch sehr stark angewachsen. „Seit 2011 erhöhte China nach SIPRI – Schätzungen seine Ausgaben um 86% auf 252 Milliarden US Dollar in 2020.Chinas Militäretat ist damit zwar deutlich niedriger als jener der USA, die 778 Milliarden Dollar für ihre weltumspannende Militärpräsenz ausgeben, aber fünfmal so hoch wie derjenige Japans“ (NZZ 11.6.21:“Angst vor China: Nun will auch Japan mehr Geld für das Militär ausgeben“).
Flugzeugträger und ihre strategische Bedeutung
Russland hat einen Flugzeugträger. China betreibt 2 Flugzeugträger und 3 weitere sind im Bau. Ein Flugzeugträger samt dem dazu gehörigen Flottenverband bedeutet für China das Gleiche, wie für die USA der Stützpunkt auf der Insel Guam. Die USA haben 19 Flugzeugträger in Betrieb, aber wie gesagt, China holt auf.
Im Juli 2021 hat Präsident Xi erklärt: “Who gets in the way of Chinas ascent will have their „heads bashed bloody against a Great Wall of Steel“ . Diese martialischen Worte erfordern die Analyse zu der Frage, ob China zu einem Krieg mit den USA rüstet. Das Ergebnis der renommierten Zeitschrift lautet: in Bezug auf Taiwan und Hongkong sei China eine revanchistische Macht, die auf die Etablierung eines einzigen Chinas dränge. Außerdem verfolge China den Plan, in Asien eine Vormachtstellung zu erreichen. (the atlantic: “What Will Drive China to War?“)
Die Sicht Chinas auf seine Situation
Gleichzeitig fühle sich China eingekreist durch Japan, sowie durch die verstärkte Zusammenarbeit Taiwans mit den USA und auch durch Australien. Auch die Massierung von Indiens Truppen an Chinas Grenze beunruhigten das Land usw. Die Lehre aus der Geschichte seit 1949 laute: “When confronted by a mounting threat to its geopolitical interests, Beijing does not wait to be attacked, it shoots first to gain the advantage of surprise“ (ebenda). (Peking wartet nicht, bis es attackiert wird, sondern schießt zuerst, wenn es seine geopolitischen Interessen in Gefahr sieht.) Als Beispiel wird der Korea Krieg ab 1950 genannt, der für China fast eine Million Tote und keinen Gewinn gezeitigt hat.(ebd.)
Ein Sputnik Schock chinesischer Machart?
Die USA müssen also vorgewarnt und vorbereitet sein, um zu versuchen, einen Krieg zu vermeiden. Die NZZ schreibt am 30.10.2021 unter der Überschrift: “Die USA fürchten Chinas neue Superwaffe. Washington rätselt über den erfolgreichen Test einer Überschallrakete“. Werden die Amerikaner einen weiteren Sputnik Schock erleiden, diesmal von China ausgelöst? Eine chinesische Hyperschall Rakete, nuklear bestückbar und schwierig auszumachen für die amerikanische Raketenabwehr. „Haben die Amerikaner wieder etwas verpasst?“
5. Die chinesisch-russischen Beziehungen
Zunächst standen sich bis 1917 das zaristische Russland und das chinesische Kaiserreich gegenüber. Seit der Oktoberrevolution in Russland 1917 und nach der Gründung der Volksrepublik China ab 1949 waren die Länder zwei kommunistische Nachbarn. Schon 1950 schlossen China und die Sowjetunion einen Freundschaftsvertrag, der gegen Japan und die mit ihm verbündeten Staaten, insbesondere die USA, gerichtet war.
Erste Differenzen
Erste Risse in dieser Allianz ergaben sich nach dem XX. Parteitag der KPDSU 1956. Denn Chruschtschow proklamierte das Prinzip der friedlichen Koexistenz mit dem Westen, während Mao sich für einen aggressiven weltpolitischen Kurs stark machte. Chruschtschow begann mit der Entstalinisierung den Personenkult zu bekämpfen, Mao dagegen verstärkte diesen in Bezug auf seine Person.
Ein offener Bruch
So kam es in der Zeit von 1960 bis 1985 zu einem offenen Bruch der beiden kommunistischen „Bruderstaaten“. Grundsätzlich betraf der Konflikt den ideologischen Führungsanspruch der beiden kommunistischen Länder. Das zeigte sich u.a. im chinesisch-indischen Grenzkonflikt. Die Sowjetunion kritisierte darin den aggressiven Stil chinesischer Außenpolitik. Denn die Sowjetunion fürchtete, das neutrale Indien könnte sich dem Westen zuwenden. Außerdem lieferte die Sowjetunion Waffen an Indien.
China wird mächtiger
1964 konnte China ohne Hilfe der Sowjetunion seine 1. Atombombe zünden. 1969 kämpften im Grenzkonflikt am Fluss Ussuri sogar kommunistische Truppen gegeneinander.
Deng Xiaoping sah danach drei Hindernisse für die Wiederannäherung. Ihn störten die militärische Präsenz der Sowjetunion in Afghanistan und darüber hinaus das sowjetische Engagement in Indochina. Denn die Moskau treue Volksrepublik Vietnam hatte das Peking treue Kambodscha besetzt, um die Roten Khmer zu vertreiben. Dazu kam schließlich die fortbestehende russische Militärpräsenz an der gemeinsamen Grenze.
Ein Wandel durch Gorbatschow
In der Zeit zwischen 1985 bis 1989 kam es durch Gorbatschow zu einer Normalisierung der Beziehungen.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 war für das kommunistische China ein Schock. Auch deshalb kam es auf dem Platz des himmlischen Friedens im gleichen Jahr zum Tian’anmen-Massaker in Peking. Der chinesischen Führung ging es darum, jeden Protest und jede aufkeimende Liberalisierungsbewegung zu unterbinden. Ab 1989 verschob sich sodann die außenpolitische Perspektive Chinas. Die vorherige latente Befürchtung einer sowjetischen Invasion verschwand.
Der Perspektiv-Wechsel in den neunziger Jahren
Russland unter Putin und China unter Xi haben ihre Beziehungen schrittweise auch als Gegengewicht gegen die USA „normalisiert“. 1993 schlossen sie einen Vertrag zu Grenzregelungen. Schon 1996 vereinbarten sie dann eine strategische Partnerschaft. Und 2001 weiteten sie diese auf einen auf 20 Jahre befristeten Russisch-Chinesischen Freundschaftsvertrag aus. Darin geht es umfassend um die Verstärkung der Zusammenarbeit in Wirtschaft, Militär und Umwelt und sogar in Ausbildung und Wissenschaft. Und es geht beiden Staaten um die gemeinsame Bekämpfung von aus ihrer Sicht: Terrorismus, Separatismus und religiösem Fanatismus. Aber es geht darüber hinaus auch um die Respektierung der gegenseitigen territorialen Integrität. Dies bedeutet, Russland steht in der Taiwan-Frage an Chinas Seite. Ab 2005 werden gemeinsame militärische Manöver abgehalten.
Ab 2014 wird eine Gaspipeline von Russland nach China gebaut (Wikipedia zu den chinesisch-russischen Beziehungen). Auch Öl liefert Russland mittlerweile stark vermehrt nach China. Beides macht Russland unabhängiger von Lieferungen nach Europa. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nimmt China verstärkt Öl von Russland und springt damit in die Lücke, die europäische Sanktionen reißen.
6. Das Verhältnis zu den USA
Nach 1949, nach der Gründung der Volksrepublik China, haben die USA diese nicht diplomatisch anerkannt. Sie sahen weiterhin in Taiwan den legitimen Vertreter ganz Chinas.
1971 jedoch übertrug die Vollversammlung der UN die Mitgliedschaft in der UN an die Volksrepublik China gegen die Stimme der USA. 1972 besuchte Präsident Nixon das kommunistische China. Aber der Besuch führte nicht zur Entspannung der Beziehungen.
Auseinandersetzungen um Wirtschaftspolitik
Ab 2016 erhob Präsident Trump vehement Kritik an der chinesischen Wirtschaftspolitik. Ab 2018 kam es dann zu einem regelrechten Handelskonflikt. Die USA werfen China inzwischen vor, geistiges Eigentum zu missachten. Die Chinesen praktizierten unfaire Handelsbeziehungen und sie betrieben Technologiediebstahl.
Handelspolitik zwischen China und den USA
Das US amerikanische Handelsdefizit gegenüber China betrug 2018 nach Angaben der US-Statistik Behörde für das Jahr 420 Milliarden US Dollar. Das bedeutet, die USA haben für diesen Betrag mehr Waren und Dienstleistungen aus China importiert, als sie dorthin exportiert haben. Da dies schon viele Jahre so ist, hat China hohe US Dollar Beträge, mit denen die USA die Waren bezahlt haben, gehortet. Diese Devisen könnte China zur Manipulation des Dollar Kurses einsetzen.
Allerdings ist die chinesische Wirtschaft natürlich darauf angewiesen, den US amerikanischen Absatzmarkt nicht zu verlieren. Diese gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit lässt hoffen, dass der Handelskrieg nicht weiter eskalieren wird.
Auseinandersetzungen um Territorien und um Menschenrechte
Nach dem Zusammenbruch der UdSSR war in China eine Konzentration auf das demokratisch regierte Taiwan erfolgt und auf die Frage, was die USA diesbezüglich vorhaben mögen? Die Territorialkonflikte im Chinesischen Meer, Stichworte Taiwan und Hongkong führten zu einer zunehmenden Verschlechterung der Beziehungen. 2020 entsandten die USA Flugzeugträger mit Kampftruppen in das südchinesische Meer. Sie wollen damit die Illegalität chinesischer Gebietsansprüche unterstreichen. Sowohl wegen des Umgangs mit den Uiguren und wie auch wegen des Vorgehens in Hongkong verhängten die USA Sanktionen (Wikipedia zu den Sino -amerikanischen Beziehungen).
Der Streit um den politischen Status von Taiwan
geht auf den chinesischen Bürgerkrieg bis 1949 zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Kuomintang unter dem Oberbefehl von Chiang Kai-shek nach der Niederlage gegen die Kommunisten unter Mao Zedong nach Taiwan flüchteten.
Rot-Chinas Standpunkt
China vertritt eine Ein-China-Politik und verhindert die volle diplomatische Anerkennung Taiwans durch andere Staaten. Dabei ist Taiwan seit etwa den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Gegensatz zu China eine funktionsfähige Demokratie mit verschiedenen politischen Parteien.
China provoziert Taiwan mit dem Überflug von Kampfjets (tagesschau.de 3.10.21). Chinas Staatspräsident fordert Formosa zur Wiedervereinigung mit dem Festlands China auf, obwohl Formosa (Taiwan) bis auf eine ganz kurze Zeitspanne nie dazu gehört hat.
Der US-Amerikanische Standpunkt
US Präsident Biden hat daraufhin Taiwan vollmundig militärische Unterstützung im Falle eines Angriffs durch China zugesagt (tagesschau.de 22.10.21). Doch nach Protesten aus Peking ruderte das Weiße Haus verbal zurück im Verweis auf den „Taiwan Relations Act“ von 1979: „Die USA werden sich einseitigen Änderungen des Status quo entgegenstellen.“ Waffen defensiver Art werden geliefert, „um Taiwan in die Lage zu versetzen, eine ausreichende Selbstverteidigungsfähigkeit zu wahren“.
Multiple Vorwürfe der USA
2021 werden die Beziehungen als so schlecht angesehen, wie seit 1979 nicht mehr. Die USA beklagen auch unter Präsident Biden Menschenrechtsverletzungen und Cyberangriffe. Außerdem heben sie die mangelnde chinesische Bereitschaft hervor, mit der WHO zu kooperieren, um den Ursprung des Corona Virus zu finden (tagesschau. de 26.7.21:“Feindbilder und viele Differenzen).
Weltpolitische Rivalität und Verantwortung
Dann ist da noch die Rivalität zwischen den USA und China um globale Vorherrschaft. China baut z.B. Stützpunkte in Afrika auf. Und die USA beginnen zu realisieren: die bisherige militärische Dominanz der USA wird in Frage gestellt.
Zum ersten Mal besuchte Anfang November 2021 eine Delegation von 7 Abgeordneten des Europäischen Parlaments Taiwan (tagesschau.de 4.11.21). Sie sicherte Taiwan Unterstützung zu und kannte an, dass Taiwan als sehr freie und offene Demokratie gelte, die die Gesetze achte und auf Informationsfreiheit setze. Das offizielle China zeigte sich mit diesem Besuch sehr unzufrieden. Das EU Parlament solle sich an die „Verpflichtungen“ des sog. Ein-China-Prinzips halten.
Führt der Klimawandel zu einem Umdenken?
Zur Bekämpfung der weltweiten Klimakrise müssen die USA und China jedoch zusammenarbeiten. Insofern ist es ein ermutigendes Zeichen, dass in Glasgow auf der Klimakonferenz 2021 eine gemeinsame Klimapolitik zwischen den USA und China verabredet wurde. Freilich bleibt abzuwarten, ob daraus auch konkrete Taten folgen. Mehr dazu s. unter Punkt 9, der chinesische menschengemachte Klimawandel.
7. Chinas Verhältnis zu Korea und Japan
Geschichtliche Hypotheken überschatten bis heute das Verhältnis von China und Nordkorea einerseits sowie China und Japan andererseits. Der erste japanisch-chinesische Krieg von 1894 bis 1895 führte zur Annexion von Taiwan durch das japanischen Kaiserreich.
Am 29.1.1932 überzog Japan China mit einem Flächenbombardement. Die erste Schlacht um Shanghai forderte 18 000 Tote und machte 240 000 Chinesen obdachlos. Der folgende 2. japanisch-chinesische Krieg begann am 7.7.1937 mit der japanischen Invasion des chinesischen Festlandes und dauerte bis zum September 1945. Das Ziel Japans waren die Bodenschätze der Mandschurei. Bei dem japanischen Massaker in der Hauptstadt der Kuomintang Nanking wurden 300 000 Zivilisten und in Zivil gekleidete Soldaten ermordet. Die Hauptstadt wurde daraufhin nach Wuhan verlegt.
Korea wurde 1905 japanisches Protektorat. 1910 annektierten die Japaner das Land vollständig. Im 2. Weltkrieg hausten die japanischen Armeen unerbittlich in China und Korea. Sie zwangen u.a. massenhaft Frauen zur Prostitution oder nahmen sie mit nach Japan. Diese Frauen wurden zynischer Weise „Trostfrauen“ genannt. Bis heute weigert sich Japan, seine grausame Herrschafts- und Kriegsgeschichte aufzuarbeiten. Es gibt keine Entschuldigung und schon gar keine Entschädigungen für die Kriegsverbrechen. In den Nachkriegsjahren ging es zwischen Japan und China vorrangig um die Rückführung in China befindlicher japanischer Kriegsgefangener.
Ein Ende der Feindschaft?
Ab 1952 gab es dann erste Versuche, Handelsabkommen zu schließen, doch erst in den späten 60er Jahre kam es zur Wiederaufnahme des Handels. In den 70er Jahren wurden diplomatische Beziehungen aufgenommen und die nahezu 80-jährige Feindschaft offiziell beendet.
Ein neues Sicherheitsproblem
Angesichts des wachsenden wirtschaftlichen chinesischen Einflusses in der Welt und auf Grund seiner forcierten Aufrüstung benannte das Verteidigungsprogramm Japans 2006 China zusammen mit Nordkorea als vorrangiges Sicherheitsproblem. Es erneuerte den Pakt mit den USA, quasi als militärische Rückversicherung für Japan.
Aus japanischer Perspektive geht es um eine Eindämmung des kommunistischen Chinas. Im gleichen Jahr formulierte Hisahko Okazaki, ein außenpolitischer Experte Japans: Die wichtigste Frage des 21. Jahrhunderts ist der Aufstieg von China und die Bedrohung durch seine Militärmacht. Der Frieden in Ostasien wird nur bewahrt, wenn es zu einem Macht-Gleichgewicht zwischen China auf der einen Seite und der japanisch-amerikanischen Allianz auf der anderen Seite kommt. Ist die Allianz stark, ist das Gleichgewicht in den nächsten 10, 20 Jahren nicht gefährdet, ist sie schwach, wird es ziemlich bald zusammenbrechen“ (zitiert nach Wikipedia, Chinesisch-japanische Beziehungen).
8. Das Verhältnis zur EU
Vergleicht man die Bevölkerungszahlen, so stellt man fest, dass die EU nur knapp ein Drittel so groß ist wie China: 460 Millionen zu 1,4 Milliarden. Die USA weisen nur ein Viertel der Zahlen der chinesischen Bevölkerung auf.
Bevölkerungszahlen
Alle drei Wirtschaftsblöcke müssen sich mit dem Problem der drohenden Überalterung der Bevölkerung auseinandersetzen: der Anteil der 65jährigrn und älter wird in der EU bis 2060 auf 29% zunehmen – er lag 1985 bei 12,8%. Der Anteil der unter 15Jährigen wird entsprechend dieser Prognosen von 29,7% im Jahr 1985 auf 14,9% sinken.
Die Zahlen für China sind auch auf Grund der Ein-Kind-Politik noch etwas bedrohlicher: die Zahl der 65jährigen und älter wird von 5,3% in 1985 auf 30,5% im Jahre 2060 zunehmen, während die Zahl der unter 15jährigen im gleichen Zeitraum von 30,7% auf 13,8% abnehmen wird. (Die Zahlen für die USA zum Vergleich: Zunahme der 65 und Älteren im gleichen Zeitraum von 12,1% auf 23,6%, Abnahme der unter 15jährigen von 29,7% auf 14,9%. (Allerdings stehen diese Zahlen auf Grund der Schwierigkeit, die Einwanderung in die USA zu prognostizieren, unter Vorbehalt.)
Bevölkerungspolitik
Die EU bedarf aus mehreren Gründen einer gemeinsamen und koordinierten Zuwanderungspolitik: Sie muss den Facharbeitermangel schleunigst beheben und dem Alterungsprozess entgegenwirken. In China jedoch gibt es keine Zuwanderung, sondern nur die Auswanderung von Eliten. China hat aber zuletzt seine Ein-Kind-Politik für beendet erklärt. Aber auch die 2016 ausgerufene Zwei-Kind-Politik ändert an dem dramatischen Bevölkerungsrückgang in China nichts. 2022 lebten in China 1,43 Milliarden Menschen. Derzeit ist prognostiziert, dass es 2050 weniger als 1, 02 Mill. sein werden. Da die Geburtenrate jedoch jetzt wohl nur noch bei 1,0 liegt, kann es sein, dass 50 Jahre später nur noch zwischen 310 und 440 Millionen in China wohnen.
Systemkonkurrenz
Die EU muss gerade auch im Zusammenhang mit der Weltklimakrise ihre wirtschaftlichen Wachstumsraten erhöhen besonders in den Bereichen der Transformation hin zu einer CO2 neutralen Produktion. Wenn es in der EU u. a. durch den „Green Deal“ gelingt, ein Narrativ vom zukünftigen „guten Leben in Freiheit“ in der Bevölkerung zu verankern und mit vielen guten Beispielen zu untermauern – verstärkter Ausbau des ÖPNV, Ökolandwirtschaft und Ernährung, Dämmung von Häusern und ihre CO2 neutrale Heizung, Verbesserung der Atemluft usw. – dann hat die EU ein Entwicklungsmodell, das dem chinesischen haushoch überlegen ist.
Der Streit um das Investitionsschutzabkommen
Die EU und China haben seit 2013 das „Comprehensive Agreement on Investment“ (CAI) verhandelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es zum Ende der deutschen Ratspräsidentschaft und vor Beginn der US-Präsidentschaft von Jo Biden Ende 2020 schnell noch im Rat der EU durchgedrückt. Ihre Behauptung war, durch dieses Abkommen gebe es für europäische unternehmerische Investitionen in China eine rechtssichere Basis.
Europäische Vorbehalte
China jedoch hatte wegen der EU-Kritik an der Menschenrechtslage und der Unterdrückung der Minderheit der Uiguren in China Sanktionen gegen eine Reihe von EU Parlamentariern verhängt. Die EU Kommission und das EU Parlament lehnen deshalb die weitere Arbeit an diesem Abkommen ab (DW). Es liege so lange auf Eis, wie China die Sanktionen aufrecht erhalte.
Außerdem üben EU-Politiker inhaltliche Kritik an dem Entwurf des Abkommens. Es gebe nicht genügend Vorteile und keine hinreichende Rechtssicherheit für europäische Firmen. Das Abkommen sei mit der Brechstange zum Ende der deutschen Ratspräsidentschaft im Rat durchgesetzt worden, weil Merkel unbedingt einen Erfolg wollte. Der China Experte Bütikofer (Grüne) weist darauf hin, dass im CAI Einschränkungen für europäische NGO’s und Stiftungen in China akzeptiert würden, die noch über bisherige chinesische Restriktionen hinaus gehen.
Die grundsätzliche Einstellung der EU zu China
Schon im Jahre 2020 hatte die EU beschlossen, China auf drei Arten zu betrachten. 1. Als Partner in der Klimapolitik und bei Handels-Fragen. 2. als Konkurrenten auf dem Weltmarkt z.B. für die Zukunfts- und Datentechnologien. Und 3. als Rivalen, wenn es um das politische System und um Menschenrechte geht.
Eine neue EU-Wirtschaftspolitik
Diese Strategie versuchen die für Industriepolitik und Binnenmarkt zuständigen EU Kommissare Thiery Breton und Margaretha Vestager mit einer neuen Wirtschaftspolitik zu untermauern. Es gelte offen zu sein für geschäftliche Beziehungen, aber gleichzeitig müsse die EU strategisch unabhängiger werden. Staatlichen Unternehmen aus China soll der Aufkauf von Unternehmen in der EU untersagt werden, wenn dazu staatliche Beihilfen benutzt werden, die in der EU verboten sind. Die EU plane außerdem ein Lieferkettengesetz, das den Einsatz von Zwangsarbeit für importierte Produkte nicht nur aus China ausschließen soll.
Auch Spannungen wegen Taiwan
Zum ersten Mal besuchte Anfang November 2021 eine Delegation von 7 Abgeordneten des europäischen Parlaments Taiwan (tagesschau.de 4.11.21). Sie sicherte Taiwan Unterstützung zu. Und sie erkannte an: Taiwan gelte als sehr freie und offene Demokratie, die die Gesetze achte und auf Informationsfreiheit setze. Das offizielle China zeigte sich mit diesem Besuch sehr unzufrieden. Das EU Parlament solle sich an die „Verpflichtungen“ des sog. Ein-China-Prinzips halten.
Das neue Seidenstraßenprojekt Chinas in der Planung
Es geht darin um Infrastrukturen für drei Kontinente. Chinas Belt und Road Initiative umfasst mehr als 2000 Vorhaben, das sind: Lückenschlüsse oder Verbesserungen bestehender Infrastrukturen ebenso wie Neubauprojekte oder der Kauf und Ausbau von Häfen. Die Karte zeigt den Planungs-Stand 2018. (Es gibt andere Karten, die zusätzlich zu den hier gezeigten Projekten auch maritime Wege in der Planung sieht) Vorhandene Systeme sind durchgezogene Linien
Im Bau befindliche Systeme sind gestrichelt.
Hellgrün sind Bahnstrecken.
Türkis mit Anfangs- und Endpunkten sind Ölleitungen.
Gelb mit Anfangs- und Endpunkten sind Gasleitungen.
Ein Quadrat zeigt Häfen. Ein Punkt zeigt Kraftwerke.
Global Gateway – Zugang zur Zusammenarbeit mit der EU
Die EU hat in Reaktion auf dieses Projekt einen „300 Mrd. Euro-Hebel“ bis 2027 als ein weltweites Kreditprogramm aufgelegt. Dabei geht es um die Finanzierung von Kooperationen beim Ausbau von Straßen, von Schienen-Infrastruktur, Stromleitungen und auch von Glasfaserkabeln.
Bedingung der EU für die gewährten Kredite ist die Einhaltung hoher Standards für den Schutz von Menschen- , Arbeitnehmer- und sozialen Rechten. Außerdem darf es sich nicht um Investitionen handeln, die den Klima- und Umweltzielen der EU entgegen stehen.
Von den 300 Mrd. sollen 40 Mrd. neu über das EU-Budget finanziert werden, die anderen Beträge werden aus vorhandenen Fonds zusammengeführt. (FAZ online 1.12. 2021)
EU wird mit diesem Programm geopolitisch erwachsen.
9.Perspektiven der wirtschaftlichen Zusammenarbeit unter Wahrung der Menschenrechte?
Diese grundsätzlichen Überlegungen müssen folgende Gesichtspunkte nicht aus den Augen verlieren:
Alte Wunden
- China ist sowohl von den Kolonialmächten insbesondere Großbritannien als auch von Japan durch die vielen Kriege und Besetzungen gedemütigt und erniedrigt worden. Diese Erfahrungen prägen bis heute die chinesische Außen- und Militärpolitik. China versucht daher heute als gleichwertiger und gleichgewichtiger Partner auf der Weltbühne wahrgenommen und respektiert zu werden. Dies soll sowohl militärisch als auch ökonomisch als auch politisch gelten.
Ideologischer Zickzackkurs
- Die Entwicklung des kommunistischen Chinas seit 1949 ist durch extreme Schwenks gekennzeichnet: Beispielhaft sei nur die Kulturrevolution von 1966 bis 1976 erwähnt, die 1981 wiederum von der KPCh für umfassend ungültig erklärt wurde. Die gilt auch für die verstärkte Kontrolle der Wirtschaft durch die Parteiführung seit 2013. Derartige „Revolutionen“ sind für die Zukunft nicht auszuschließen, was tiefgreifende Veränderungen der internationalen Beziehungen hervorrufen könnte.
Fundamentale Systemkonkurrenz
- China ist nach wie vor ein Staat im Würgegriff der kommunistischen Partei. Es gibt keinen Rechtsstaat, keine Demokratie, keine Gewaltenteilung und keine Pressefreiheit. Die unumschränkte Macht liegt in den Händen des Generalsekretärs der Partei, der zugleich der Vorsitzende der militärischen Führung ist. Der Personenkult um Xi Jinping erinnert immer mehr an an den Personenkult um Mao Zedong, dessen Konterfei immer noch – trotz all seiner Verbrechen – am Eingang der „Verbotenen Stadt“ prangt.
Korruption als Grundübel
- Da es keine „Checks and Balances“ im chinesischen politischen System gibt, ist es besonders, so zu sagen strukturell, anfällig für Korruption. „Wenn früher die Parteifunktionäre aus allen Teilen des Landes zum Volkskongress nach Peking reisten, ging den Gucci-Boutiquen schon vor dem ersten Sitzungstag die Ware aus. Viele Kader seien so korrupt, dass der Partei der Untergang drohe, hat ihr Vorsitzender Xi gewarnt“ (Informationen zur politischen Bildung, Volksrepublik China, 2/2018, S.21). Die Korruptionsbekämpfung durch Fernsehserien ist deshalb als Scheinlegitimierung der Partei zu verstehen.
Kommunistische Missionierung der Welt
5. China als kommunistischer Staat verfolgt nach wie vor die Strategie, die Welt mit der kommunistischen Gesellschaftsordnung zu „beglücken“. Insofern ist China sowohl für die USA als auch für die EU ein sehr ernst zu nehmender Rivale in der internationalen Systemkonkurrenz.
Menschenrechtsverletzungen
- Obwohl China als Mitglied der Vereinten Nationen die Menschenrechts-Charta unterzeichnet hat, und sie seit 2004 sogar in der Verfassung stehen, finden in diesem Reich permanent Menschenrechtsverletzungen statt. Nicht nur wird die Minderheit der muslimischen Uiguren systematisch unterdrückt und die Einwohner Tibets sind ihrer Selbstbestimmung beraubt, sondern die gesamte Bevölkerung wird systematisch überwacht und gegängelt. Eine politische Opposition ist nicht zugelassen. Eine Pressefreiheit nach westlichen Maßstäben ist nicht vorhanden. Zensur ist allgegenwärtig.
2015 veröffentlichte Amnesty International eine umfassende Dokumentation zur anhaltenden Folter in der Volksrepublik China.[12] Amnesty stellte fest: „Die Polizei erpresst weiterhin «Geständnisse» mit Folter und Misshandlungen und die Gerichte lassen diese Geständnisse als Beweismittel zu.“[13] Die Todesstrafe in der Volksrepublik China ist die höchste mögliche Strafe in China. Mit jährlich tausenden Hinrichtungen wird in dem Land die Todesstrafe weltweit am häufigsten vollzogen. (Wikipedia)
Aggressive Außenpolitik
- China gehört zu den Atommächten. Es baut sein Militär systematisch aus. Die chinesische Außenpolitik ist aggressiv, was an den Beispielen von Taiwan, Hongkong und der „Neuen Seidenstraße“ gezeigt wurde.
Conclusio aus diesen sieben Grundannahmen
Vermeidung von Abhängigkeit
In Anbetracht dieser Tatsachen muss es für die EU darum gehen, in strategischen Wirtschaftsbereichen eine Abhängigkeit von China zu vermeiden. Dort wo sie schon besteht, ist sie zurück zu bauen. Dazu muss gehören, strategisch wichtige Produktionen zurück in die EU zu verlagern, selbst wenn dann die Produkte teurer werden. So wird gemeldet, deutsche Mittelständler vor allem in den kritischen Bereichen der Medizintechnik überlegen bereits, die Produktion in die Bundesrepublik zurück zu verlagern.
Nachteile durch Abhängigkeit
China setze die Marktmacht strategisch ein, wie sich im Kampf um Mikrochips besonders für die Automobilindustrie zeigen lasse. Eine mögliche gewollte Unterbrechung von Lieferketten enthalte ein großes Konflikt- und Erpressungspotential (Zeit online 13.11.21: Importe aus China: Viel zu abhängig von China). Gleichzeitig wird durch eine solche Rückverlagerungsstrategie technisches Know How in der EU erhalten und es werden Arbeitsplätze gesichert.
Achtung auch auf die Werte der EU
Das Lieferkettengesetz ist konsequent auszugestalten und anzuwenden. Dadurch ist die offene oder verdeckte Beschäftigung von Zwangsinternierten zu unterbinden. Dem VW Konzern wird z.B. nachgesagt, Uiguren als Zwangsarbeiter zu beschäftigen (Vgl. dazu DIE ZEIT vom 10.12.20: “Darf VW ein Werk zwischen Internierungslagern betreiben?“).
Dies gilt auch für die chinesische Fischereipolitik
Beunruhigende Nachrichten gibt es bezogen auf die China-Fischereipolitik. China hat seine Flotte in den letzten drei Jahrzehnten nicht nur zu der größten Fischereiflotte weltweit ausgebaut. Sondern die chinesischen Schiffe sind auch an der Hälfte der illegalen, unregulierten oder nicht gemeldeten Fischerei in diesem Zeitraum beteiligt. Oder sie bejagen geschützte Arten. Das hat der EU-Fischereiausschuss herausgefunden.
Aber es kommt noch schlimmer: Auf den chinesischen Trawlern heuern auch junge indonesische Männern auf der Suche nach Arbeit an. Man nimmt ihre Pässe in Verwahrung. Ausbeutung, Schläge und andere Gewalt vermitteln ihnen das Gefühl, als Sklaven behandelt zu werden. Ihre Ernährung ist oft äußerst einseitig, so dass sie z.T. schwere Mangelkrankheiten entwickeln. Daran sind bereits junge Männer qualvoll gestorben. Die Familien werden dann z.T. mit einer Geldprämie zum Schweigen gebracht.
Das EU-Parlament hat dies in einem Bericht des Vorsitzenden des Fischereiausschusses gegen 11 Stimmen mit 573 Stimmen angenommen und mehr Transparenz und Überwachung dieser Praktiken gefordert. Auch die Rückverfolgbarkeit der Fischereiprodukte möge verbessert werden – zumal eine EU-Verordnung von 2007 dafür die Voraussetzungen geschaffen hat. Die Kommission jedoch scheint bisher davor zurück zu schrecken. Man habe 2018 mit China die sog. Blaue Partnerschaft für die Ozeane geschlossen. Auch seien Staaten, die China vor ihrer Küste das Fischereirecht einräumten, mitverantwortlich.
Kluge Abschiedsrede erst zu Menschenrechtsverletzungen
Generell muss gelten, auch im diplomatischen Verkehr klare Worte zu finden, so wie es der deutsche Botschafter Christoph Heusgen bei den Vereinten Nationen in seiner Abschiedsrede getan hat: „Also habe ich die chinesischen Menschenrechtsverletzungen angesprochen und den unakzeptablen Umgang mit Minderheiten, etwa den Uiguren… China ist zu einem völligen Überwachungsstaat geworden, der ganz auf Präsident Xi ausgerichtet ist. Auch die chinesischen Diplomaten unterliegen diesem Kontrollsystem. Hinzu kommt, dass sie glauben, gegenüber dem Ausland besonders hart sein zu müssen, um Xi und der kommunistischen Partei ihre Loyalität zu beweisen. Xi hat vor ein paar Monaten eine gewisse Wende gemacht und gesagt, die Diplomaten dürften jetzt wieder ein bisschen netter sein. Sie haben wohl gemerkt, dass sie Gegenwind kriegen….
Auch zur wirtschaftlichen Abhängigkeit nimmt er Stellung
Die Abhängigkeit einiger deutscher Unternehmen vom chinesischen Markt ist langfristig gefährlich. Ich glaube, dass man diversifizieren sollte, um Abhängigkeit, die zu Erpressbarkeit führen kann, abzumildern. Es gibt viele andere asiatische Staaten, in denen die wirtschaftliche Entwicklung sehr positiv ist. Bei einem totalitären Staat wie China kann man nie wissen, ob man nicht irgendwann aus politischen Gründen boykottiert wird. Darauf muss man vorbereitet sein. …
und zur Gefährlichkeit der chinesischen Militärmacht
Die chinesischen Streitkräfte sind in den vergangenen Jahren immer stärker geworden. Wenn da nicht gegen gehalten wird, hat China überhaupt kein Problem, diese Militärmacht irgendwann auch einzusetzen. Wir sehen doch schon jetzt, wie China in Südchinesischen Meer vorgeht und internationales Recht bricht durch die Ausweitung seiner Hoheitsgebiete.
Auch im Hinblick auf die Ein-China-Politik ist er besorgt
Wir haben gesehen, wie Peking auch in Hongkong internationales Recht gebrochen hat. An das Versprechen, es werde „ein Land, aber zwei Systeme“ geben, will man sich in Peking offensichtlich nicht mehr erinnern.
Im Übrigen blicke ich mit großer Sorge auf einen möglichen Konflikt mit Taiwan. Man kann nicht ausschließen, dass Präsident Xi, wenn er innenpolitisch unter Druck gerät, irgendwann die nationalistische Karte spielt, so wie es der russische Präsident Wladimir Putin mit der Annexion der Krim 2014 getan hat. Für autoritäre Führer ist der Nationalismus ein beliebten Mittel zum Druckausgleich“ (Vgl. DIE ZEIT vom 11.11.21 S. 10: “Sie merken, sie kriegen Gegenwind“).
Für die EU also gilt: Respekt erlangen durch klare Positionen
Die EU muss es sich daher leisten, mit dem kommunistischen China auf Augenhöhe zu verhandeln, zumal die wirtschaftliche Abhängigkeit auf Gegenseitigkeit beruht. Nur wer seine Standpunkte und Interessen klar definiert, dem wird von der jeweiligen Gegenseite Respekt entgegengebracht.
Wer sich auf die Charta der UN verpflichtet hat, (die 1945 auf der Konferenz von San Francisco verabschiedet wurde), darf sich nicht mehr darauf berufen, die Regelung der inneren Angelegenheiten gehe niemanden von außen etwas an. Die Republik China als Gründungsmitglied der UN hat die Charta unterzeichnet. Die Volksrepublik China ist seit 1971 auf UN Ebene deren Rechtsnachfolger und in Folge dessen auf die Charta der UN verpflichtet.
Taiwan anerkennen
Es stünde der Bundesrepublik Deutschland gut zu Gesicht, Taiwan als selbständiges Land diplomatisch anzuerkennen. Litauen hat dies gerade getan. Am besten wäre es, die EU würde einen solchen Schritt gemeinsam vollziehen. Dazu gibt es jetzt neue Überlegungen. Bisher scheiterten solche Schritte am notwendigen Einstimmigkeitsprinzip des Rates. Nun wird beraten, ob die Kommission ohne dessen Einverständnis direkt handeln kann. (Informationsdienst Politico, 6.12.2021)
Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Menschenrechten wahren
Je mehr die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Volksrepublik China zurückgefahren wird, umso einfacher ist es, Menschenrechtsverletzungen dort anzuprangern. Das gleiche gilt, wenn sich die EU gegen die aggressive territoriale Expansionspolitik Chinas stemmen will. Der Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, Jörg Wuttke sagt dazu: Als Kammervertreter könne er zu Menschenrechtsverletzungen Stellung nehmen. „Aber im Allgemeinen ist es Unternehmensvertretern nicht zu raten, so etwas öffentlich zu tun, denn das würden ihre Firmen zu spüren bekommen.“…“Hier ist ein ganz strammer kommunistischer Apparat entstanden, der sich weder von Firmen noch von ausländischen Regierungschefs viel sagen lässt.“(Die Zeit, 16.12.2021
Vorbildfunktion ist ausgeschlossen
Das chinesische kommunistische Gesellschaftsmodell kann kein positives Beispiel für „den demokratischen Westen“ sein, genauso wenig wie es das korrupte „Modell“ des sowjetischen „Sozialismus“ war. Wenn ein Regime wie das chinesische seine Macht nur durch militärische Stärke nach innen und nach außen sichert, wenn es seine Bevölkerung bespitzelt, überwacht und mit den Sprüchen des „großen Führers“ gängelt und damit in Unmündigkeit hält, kann es auf mittlere Sicht keine Zukunft haben. Die Wachstumsraten des Sozialprodukt gehen zurück, die Wirtschaft erscheint zunehmend instabil. Weitere Probleme kommen dazu.
Der chinesische menschengemachte Klimawandel
Die Herausforderungen durch die Umwelt- und Klimakrise nehmen auch und gerade in China zu. Die Sonne kann in Chinas Großstädten kaum noch wahrgenommen werden, weil der Smog so dicht ist. Das ist das, was wir hier in Europa wissen. Aber die Probleme haben sich über Jahrzehnte aufgebaut und sind viel weitreichender.
Beim CO²-Ausstoß liegt China weltweit auf Platz 1. Auf die einzelnen Bürger heruntergerechnet, liegen die USA zwar höher, aber mit 8,5 Tonnen übertrifft China bereits Deutschland mit 8,1 Tonnen. Derzeit laufen für 260 neue Kohlekraftwerke die Genehmigungen, obwohl bereits jetzt schon über die Hälfte der Energie mit Kohle produziert wird. Die Sicherheit der Energieversorgung bleibt dem Staatschef angesichts von ausgetrockneten Flüssen weiter wichtig.
Die Wüste Gobi wächst rasant und zwar durch Abholzung, einerseits um den Brennholzbedarf zu decken und andererseits aufgrund der folgenden Landnutzung durch Ackerbau und Industrialisierung. Jährlich geht eine Landfläche der Größe des Saarlandes „verloren“. Die Desertifikation und dadurch entstehende Sandstürme führen zur Austrocknung von Flüssen und zur Verstärkung des industriellen Smogs.
Abhilfe soll „die grüne Mauer“ schaffen
Bis 2050 will China 350 000 km² Land mit Bäumen bepflanzen, eine Fläche so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Allerdings ist kritisch auf die Art hinzuweisen: bisher sind Monokulturen geplant. (Wikipedia, Chinas grüne Mauer)
Andererseits ist seit 2020 ein Wandel eingeleitet
Der Staatschef hat sich öffentlich verpflichtet, die Emissionen zu senken. Konkrete Pläne z.B. für die Stahlindustrie und den Transportsektor sollen bis 2030 dafür sorgen, dass der Höhepunkt der Emissionen dann erreicht und China bis 2060 klimaneutral sein soll. Jährlich installiert China in etwa so viele Windräder und Solarpanels wie der Rest der Welt zusammen. In Bezug auf E-Autos ist China global der führende Produzent. Staatliche Busse sind bereits elektrifiziert. Die Taxen sollen folgen. Und die Städte beginnen die Zulassung von Verbrennern einzuschränken.
Stellungnahme zur Zukunftsfähigkeit des chinesischen Wirtschaftsmodells
In Daron Acemoglu und James A, Robinsohns Buch „Why Nations fall“ (London 2013) argumentieren die Autoren: Chinas Wirtschaftsmodell der kommunistisch gelenkten Wirtschaft habe keine Zukunft. Das Misstrauen der politischen Kader gegenüber privatwirtschaftlichen Initiativen und die staatliche Förderung von Großunternehmen in Staatsbesitz verhindere den Prozess des innovativen Wettbewerbs und führe daher zu Fehlallokationen von Kapital.
Mit sozialpolitischen Zielsetzungen sei zwar viel für die Bevölkerung getan worden, Beispiele seien die Anlage von Hochhaussiedlungen, der Ausbau der medizinischen Versorgung und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Aber es handele sich bei dem chinesischen Wirtschaftsmodell um das Beispiel eines Wachstums unter extrahierenden politischen Institutionen (S.439). Gemeint ist damit die Wirtschaftslenkung durch eine ideologisch geprägte Politik, die mit gewaltiger Korruption in den herrschenden „Eliten“ einhergeht.
Ein Vogel im Käfig
Der Vergleich mit dem Vogel im Käfig mache dies deutlich: Der Käfig ist die kommunistische Wirtschaftslenkung und der Vogel die Wirtschaft. Auch wenn die Parteiführung den Käfig größer gemacht habe, könne der Vogel sich doch nicht frei entfalten (S. 438). Durch gewaltige staatliche Repression werde die Bevölkerung an kreativer Entfaltung auch im Wirtschaftsbereich gehindert.
Geschichtliche Erfahrungen
Die Vergleiche mit autoritären Gesellschaften in der Geschichte legten nahe: das chinesische „Modell“ gerade auch mit der systemimmanenten Korruption und der Fehlallokation von Ressourcen werde in den Untergang führen, es sei denn es komme zu einer „Revolution“ der Institutionen in Richtung persönlicher und wirtschaftlicher Freiheit und der Zulassung verschiedener politischer Parteien. (Soweit die Wiedergabe)
10. Schlussfolgerungen für die EU
Selbstbewusstsein und Zukunft
Die EU muss ihr Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell selbstbewusst weiter entwickeln. Es ist langfristig überlegen. Besonders dringlich und notwendig ist dabei die Weiterentwicklung in Bezug auf die Bekämpfung der globalen Klimakrise. Hier kann die EU ggfs. die Technologieführerschaft ausbauen.
In der Systemkonkurrenz mit China ist die Überlegenheit der Demokratie zu verdeutlichen – überall in der Welt. Denn gerade im Kontrast zur Expansionspolitik Chinas und zu dessen undemokratischer und autoritärer Gesellschaftspolitik muss überall klar werden: China weitet mit seiner Wirtschaftspolitik auch seine Restriktionspolitik auf andere Länder aus – in Afrika ist das besonders gut zu beobachten.
Die eigene Verteidigungsbereitschaft
Angesichts der militärischen Drohungen Chinas gegenüber Taiwan, angesichts der Aggressionen gegen Hongkong, angesichts des Ausbaus der militärischen Präsens Chinas im südchinesischen Meer und angesichts der weiteren politischen Instabilität der USA muss die EU endlich ihre eigene militärische Zusammenarbeit forcieren. Die EU muss um auch in diesem Bereich ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Weltmächten sichern. Es geht nicht darum, Kriege vorzubereiten. Es geht darum, sich Respekt auf der Weltbühne zu verschaffen und mit Macht hinter dem eigenen Handeln und dem eigenen Anspruch zu stehen.