Slowakei, Bratislava_bei_Nacht, Burg Bratislava, Riki 1979, Wikimedia Commons.jpg

Burg von Bratislava, Symbol des Landes, Riki 1979, g-frei

Die Slowakei, die früher mit Tschechien die Tschechoslowakei bildete – getrennt seit 1.1.1993 -, ist einer der wenigen EU Staaten ohne Zugang zum Meer. Sie grenzt an Tschechien, Österreich, Polen, Ungarn und die Ukraine. Sie bildet somit einen Teil der EU Außengrenze. Die Slowakei gehört mit Polen, Tschechien und Ungarn zur Visegrad-Gruppe, einem halboffiziellen Binnenbündnis innerhalb der EU, das seit 2015 in gewissen Gegensätzen zur EU agiert. Die Hauptstadt ist Bratislava, früher Preßburg. 2020 hat die Slowakei 5,458 Millionen Einwohner, 109 pro Quadratkilometer. Die Slowakei ist seit 2004 Mitglied der EU und der Nato und gehört seit 2009 zum Euroraum.

1. Geschichte

Erste landwirtschaftliche Siedlungen auf dem Gebiet der heutigen Slowakei sind seit ca. 5000 vor Christi Geburt nachweisbar. Als erstes Volk in diesem Gebiet sind die Kelten erwähnt, die seit 400 vor Christi Geburt hier siedelten. Sie entwickelten die Verarbeitung von Eisen, Wolle und Leinen.

Die Römer waren in diesem Gebiet nördlich des an der Donau verlaufenden Limes nur sporadisch anwesend. Um ca. 200 nach Christi Geburt siedelten die Vandalen in der Ostslowakei. Später war das Gebiet der Slowakei Teil des Königreichs der Hunnen, dann der Ostgoten und noch später der Langobarden.

Ab ca. 500 wurde das Gebiet von Slawen besiedelt. 828 wurde die erste christliche Kirche errichtet. Das erste bedeutende Staatswesen war das Mährerreich, daher offenbar der noch heute gebräuchliche Name Mähren. Die byzantinischen Mönche Method und Kyril haben die slowakische Schriftsprache in Mähren eingeführt.

Ein slawisches Großreich

Fürst Svatophik I. (871-894) schuf durch Anschluss Wisaniens, Böhmens und eventuell auch der Lausitz, Schlesiens und Panoniens ein slawisches Großreich. Er verteidigte es erfolgreich gegen Angriffe der Ostfranken, Bulgaren und Magyaren. Später jedoch begann im Laufe des 10. Jahrhunderts die schrittweise Eingliederung in den ungarischen Staat, die über 900 Jahre andauerte. Man darf sie sich aber nicht als durchgehende Fremdherrschaft vorstellen, weil zumindest zeitweise die Slowakei in diesem Staat vorherrschend war.

Der ungarische König Stephan I. schuf ab 1000 ein multiethnisches Königreich, das bis 1918 Bestand hatte. In den Hussiten Kriegen 1428-1433 wurden große Teile des Landes verwüstet. Die Hussiten, genannt nach dem Theologen und Reformator Jan Hus, bildeten eine reformatorische bzw. revolutionäre Bewegung. 1419 kam es zum ersten Prager Fenstersturz, als Hussiten Ratsherren aus dem Fenster warfen. Hus lud man gegen kaiserliche Zusicherung des freien Geleits vor das katholische Konzil in Konstanz. Unter Bruch der Zusage wurde Hus auf Grund eines Beschlusses des Konzils als Häretiker zum Tode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen bei lebendigem Leibe verbrannt. 1521 standen sich in Ungarn/Slowakei Reformation und Gegenreformation gegenüber.

Die Osmanen

Nach der Niederlage Ungarns gegen die Osmanen 1526 war nur das Gebiet der heutigen Slowakei nicht von den Türken besetzt. In Folge dessen wurde Bratislava Hauptstadt Ungarns und Stadt der Krönung der ungarischen Könige bis 1783 bzw. 1830. Es folgten ständige Kriege mit den Osmanen.

Im 18. Jahrhundert war das Gebiet der heutigen Slowakei das wirtschaftliche Zentrum des Königreichs Ungarn. Ende des 18. Jahrhunderts begann jedoch der Prozess der nationalen Wiedergeburt der Slowakei. Aus slowakischer Sicht war die ungarische Revolution von 1848/49 ein Unabhängigkeitskrieg. Slowakischen Freiwilligenverbände, Serben, Kroaten und Rumänen führten diesen Krieg gegen Ungarn. Aber er misslang. Die Folge waren massive Repressionen von Seiten Ungarns. Sie verlangten die Assimilierung der nicht magyarischen Bevölkerung.

Nach dem 1. Weltkrieg

Am Ende des ersten Weltkrieges gründeten die Slowakei und Tschechien ihren gemeinsamen Staat, die Tschechoslowakei. Durch den Vertrag von Trianon 1920 wurde die Slowakei nach 1000 Jahren endgültig von Ungarn abgetrennt (Angaben zur Geschichte aus Wikipedia). Diese Geschichte zeigt, wie ein Land in einer europäischen Mittellage von Einflüssen aus allen Himmelsrichtungen geprägt und hin und hergeschoben wird und dadurch erst sehr spät eine eigenständige Staatlichkeit erlangen konnte.

Bis 1938 genoss die Slowakei als einziger osteuropäischer Staat eine demokratische Entwicklung innerhalb der Tschechoslowakei.

Gemeinsame Sache mit Hitler

Nach Zerschlagung von Tschechien durch die Nazis 1939 beteiligte sich die Slowakei an der Seite Hitler-Deutschlands an dem Überfall auf Polen und ab 1941 an dem Krieg gegen die Sowjetunion. 1942 deportierte man zwei Drittel der slowakischen Juden, nämlich 70 000 in deutsche Vernichtungslager. Fast 70 Jahre lang war das Thema der Beteiligung von Slowaken an dem Holocaust ein Tabu im Land.

Kommunismus

1945 wurde die Tschechoslowakei wieder hergestellt, wurde aber einige Jahre später zu einem zwangsweise kommunistischen Staat im Warschauer Pakt.

Leitfigur des Prager Frühling von 1968, des Aufstandes gegen die Gewaltherrschaft der Sowjetunion war – zu dieser Zeit waren Tschechien und die Slowakei noch vereint – Alexander Dubcek. Er suchte nach einem Sozialismus mit menschlichem Antlitz, doch gegen die Brutalität der Besatzer, zu denen auch ungarische Truppen gehörten, hatte er keine Chance.

Die Trennung von Tschechien erfolgte 1992 -friedlich.

2. Grunddaten

Als Rohstoffe verfügt die Slowakei über Magnesit, Eisenerz, Braunkohle, Kupfer, Zink und Blei.

2018 machte die Industrie 26,2% des BIP aus. Der Groß- und Einzelhandel, der Verkehrssektor, das Beherbergungs – und Gaststättengewerbe steuerten 20,2% bei und die öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Bildung und das Gesundheitswesen 14,8% (Angaben EU). Volkswagen Slowakei wurde 1991 gegründet. Im Werk in Bratislawa werden der Touareg, Audi Q7 und Q8, Porsche Cayenne, VW up!, e-up!, Skoda Citigo und Seat Mii gebaut. 99% dieser Wagen werden in 158 Länder weltweit exportiert. Außerdem gibt es weitere VW Werke in Martin und Stupava. 86% der Ausfuhren – insbesondere Pkw und Pkw-Teile – sowie Maschinen gehen in andere EU Länder, 80% der Importe stammen dort her.

2018 betrug das BIP pro Einwohner Kaufkraft bereinigt  71% des EU Durchschnitts wie in Polen und Ungarn. Im Vergleich: Deutschland 123% und Spitzenreiter Luxemburg 261%.

Wachstumsraten

Nach Abschluss der Privatisierungen der staatlichen Industrien und dem EU Beitritt 2004 lagen die Wachstumsraten des Sozialprodukts relativ hoch, 2007 sogar bei 10,83%.  In Folge der Weltfinanzkrise 2009 gab es dann – wie auch anderswo – einen Einbruch von minus 5,46%. Jedoch erholte sich die Wirtschaft schnell. Die Wachstumsraten lagen danach im Schnitt bei 3% und damit höher als in vielen anderen EU Ländern. Für 2020 wird mit einem Rückgang des Sozialprodukts um 7,1% gerechnet, für 2021 wird ein kräftiger Wachstumsschub von 6,9% prognostiziert (statista). Corona war noch nicht absehbar.

Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft

2018 betrugen die Gesamtausgaben der EU in der Slowakei 2,457 Milliarden Euro insbesondere für Straßenbauprojekte, Forschungsförderung und Umweltschutz. Diese Zahlungen bedeuten 2,78% der sonstigen Wertschöpfung oder umgekehrt ausgedrückt: Das Wirtschaftswachstum wäre ohne diese Zahlungen um 2,78% geringer. Der slowakische Beitrag zum EU-Haushalt betrug 0,764 Milliarden Euro oder 0,84 % der Wirtschaftsleistung. Stellt man beide Zahlen in Relation zueinander, so ergibt sich für die Slowakei als Nettoempfänger immer noch ein Beitrag zum Wachstum des Sozialprodukts von 2%.

Die Zahlen zum Wirtschaftswachstum und zu den EU Zahlungen verdeutlichen, dass die Slowakei enorm von der Mitgliedschaft in der EU profitiert hat und weiter profitiert. 2018 betrug das staatliche Haushaltsdefizit 1,1% des BIP, nach dem Maastricht-Vertrag sind bis zu 3% erlaubt, und die Staatsverschuldung lag bei lediglich 49,4%. Erlaubt sind maximal 60%, was aber von vielen EU Ländern nicht eingehalten wird. Beides sind geradezu vorbildliche Zahlen, die auf ein sehr solides staatliches Wirtschaften hindeuten.

Soziale Situation

9,7% der Bevölkerung sind ungarisch-stämmig und leben besonders an der Südgrenze zu Ungarn. Heute sind die diesbezüglichen Spannungen zwischen den beiden Ländern abgeebbt. 69% der Bevölkerung bekennen sich nach offiziellen Angaben zur katholischen Kirche.

Slowakei, Bratislava, Denkmal, Filip Maljkovic´ , Serbien, CC BY-SA 2.0.jpg

Kanalmeister auf Pause, Filip Malkovic´aus Serbien, CC BY-SA 2.0

Die Bevölkerung scheint humorvoll zu sein. In Bratislava gibt es eine Reihe schelmischer Denkmale.

Korruption

Zur Ermordung des Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten im Februar 2018 heißt es: „Jan Kuciaks Mörder muss für 25 Jahre ins Gefängnis. Die nach dessen Tod veröffentlichte Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafia Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern hatte Massendemonstrationen gegen Korruption ausgelöst und zum Rücktritt der damaligen Regierung geführt. Die Polizei nimmt nun den mächtigsten slowakischen Oligarchen Jaroslav Hascak fest. Er ist der Chef der Finanzgruppe Penta. Dies ist der spektakulärste Schlag im Zuge einer Verhaftungsserie, die durch den Mord an Jan Kuciak ausgelöst worden war“ (Spiegel.de 2.12.2020).

Slowakei, Upside_down_Pyramid,_Bratislava_02, Hörfunk, Thomas Ledl, CC BY-SA 4.0.jpg

Rundfunkanstalt, Thomas Ledl, CC BY-SA 4.0

Politische Situation

Staatspräsidentin ist seit Juni 2019 Zuzana Caputova, eine Rechtsanwältin und erfolgreiche Umweltaktivistin, die erste Frau in diesem Amt. Sie war Anwältin der Bürgerrechtsorganisation „Via Iuris“ – der Weg des Rechts. Sie kämpfte ebenfalls erfolgreich gegen Amnestien.  Den Kampf für eine unparteiische Justiz will sie zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen, auch wenn sie als Staatspräsidentin nur begrenzte politische Gestaltungsmöglichkeiten hat. Die von ihr aufgebaute Partei „Progressive Slowakei“ hat zusammen mit einer weiteren liberalen Partei bei den Wahlen zum Europa Parlament 2019 aus dem Stand mehr als 20% der Stimmen erreicht. Caputova gilt daher als ein Symbol der Hoffnung! (Deutschlandfunk 15.6.2019).

Das Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Institutionen ist  sehr gering, insbesondere auf Grund der weit verbreiteten Korruption. Trotzdem lag der HDI 2018 bei 0,857 und damit auf dem 36. Platz von 189 bewerteten Nationen. Dieser Wert weist die Slowaken als sehr zufrieden mit ihren persönlichen Lebensumständen aus.

Slovak_National_Theatre,_Bratislava_03, Matis Benza, Norway.today, CC BY-SA 3.0.jpg

neues Nationaltheater, 1979, alle 3 sparten, Matus Benz, Norway today, CC BY-SA 3.0

Leben und Kultur

Johann Nepomuk Hummel (1778-1837) war ein slowakischer Klaviervirtuose und Komponist.

Phillip Lenard (1862-1947) ist der bislang einzige slowakische Nobelpreisträger. Er war Physiker. „Bedauerlicherweise gelangte er in seiner naturwissenschaftlichen Weltanschauung zu sehr ins Fahrwasser der NS-Ideologie und redete einer rassisch motivierten Physik das Wort, was das Ansehen seiner durchaus bedeutenden Forschungstätigkeit und deren Ergebnissen dauerhaft diskreditierte“. (Gunnar Strunz, Streifzüge durch die slowakische Hauptstadt, Berlin 2007, S.39)

Slowakei, Eier-Kratzen 4.jpg Zur slowakischen Kultur gehören Folklore Festivals mit traditionellen Trachten, Musik und Mundarten.

Typisch ist auch das Eierkratzen, das kunstvolle Verzieren von Ostereiern mit floralen Motiven.

Als Nationalgericht gelten Brunsennocken mit Speck, Kartoffeln, gemischt mit Schafskäse. Es gibt 244 verschiedene slowakische Biersorten!