Ein interkontinentaler Staat
Dänemark, das Land im Norden der EU und Teil von Skandinavien, gehört als Mutterland einschließlich der Färöer Inseln geographisch zu Nordeuropa, mit Grönland aber zu Nordamerika. Es ist also ein interkontinentaler Staat. Dänemark trat 1949 der Nato und am 1.1.1973 der EU bei, wobei darin weder das autonome Grönland noch die Färöer eingeschlossen sind. Beide Gebiete gehören jedoch zur Nato.
Dänemark ist eine konstitutionelle Monarchie. Der Wachwechsel vor dem Schloss Amalienborg hat den Charme einer Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Die Hauptstadt ist Kopenhagen und das Kernland hat 5.8 Millionen Einwohner. In Grönland leben 56.500 Einwohner, auf den Färöern 48.300. Im dem von 1866 bis 1920 zu Preußen gehörenden Nordschleswig lebt eine deutsche Minderheit. Die einzige Landgrenze Dänemarks trennt es von Deutschland. Die Währung ist die dänische Krone. Eine Volksabstimmung im Jahre 2000 hat den Beitritt zum Euro ausgeschlossen.
1. Geschichte
Ein 811 geschlossener Vertrag mit Karl dem Großen erkennt den Fluss Eider als dänische Südgrenze an, wobei es sich bei den damaligen Dänen um einen nordgermanischen Stammesverband handelte. König Gom der Alte vereinigte die einzelnen Kleinkönigreiche und sein Sohn Harald Blauzahn nahm 960 den christlichen Glauben an. Bis 1035 gelang es den dänischen Königen, Teile der britischen Inseln und Norwegens zu erobern. Bis weit ins 11. Jahrhundert gründeten die Wikinger – als solche gelten Dänen, Schweden und Norweger – Kolonien in ganz Europa, um Handel zu treiben. Sie führten aber auch Kriege und plünderten andere Bevölkerungen. Wikinger gelangten bis nach Nordamerika.
1397 gründeten die Dänen die Kalmarer Union. Norwegen, Schweden, Finnland und Island gelangten unter dänische Vorherrschaft. Diese hielt bis 1523 an, als Schweden seine Selbständigkeit zurück erhielt. Die Rivalität mit Schweden setzte sich aber bis ins 17. Jahrhundert fort und spielte auch im 30jährigen Krieg eine Rolle.
Wichtige Entscheidungen
1536 kam es zur Reformation und damit zur Abkehr von der katholischen Kirche. Im Dreißigjährigen Krieg scheiterte Dänemarks Herrscher mit dem Versuch, seinen Herrschaftsbereich auf einige norddeutsche Lande auszudehnen, an den Feldherren Albrecht von Wallenstein und General Tilly. Schwedens Rolle wurde stärker.
1788 wurde in Übereinstimmung mit der Aufklärung die Bauernbefreiung proklamiert.
Während der napoleonischen Zeit verhielt sich Dänemark bis 1807 neutral, kooperierte danach mit Frankreich. Im Kieler Frieden von 1814 musste Dänemark daraufhin Helgoland an Großbritannien und Norwegen an Schweden abtreten.
1849 nahm Dänemark mit der 1. Verfassung die Umwandlung in eine konstitutionelle Monarchie vor. 1864 gab es um Territorien auf der jütländischen Halbinsel einen Krieg zwischen Preußen und Österreich einerseits und Dänemark. Der Ort der dänischen Niederlage an den Düppeler Schanzen ist noch heute für Dänen ein schmerzlicher Gedenkort.
Neutralität
Trotz erklärter Neutralität besetzte Deutschland am 9.4.1940 Dänemark. In den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, zwischen dem 11.2. und dem 5.5.1945 kamen 250 000 deutsche Flüchtlinge über die Ostsee aus Ostpreußen, Pommern und dem Baltikum nach Dänemark – ein Drittel davon Kinder unter 15 Jahren. Sie wurden in streng bewachten Lagern interniert und praktisch nicht versorgt. Der dänische Ärzteverband und das dänische Rote Kreuz hatten beschlossen, keinerlei Hilfe zu gewähren. 80% der Kleinkinder überlebten die nächsten Monate nicht. Allein im Jahre 1945 starben 13 000 dieser Flüchtlinge, darunter 7000 Kinder (Der Spiegel vom 9.5.2005 von Manfred Ertel: „Stumme Steintafeln“. Er bezieht sich auf Recherchen von Dänen und deren Versuch, die Kriegsgeschichte aufzuarbeiten). War es Hass auf die deutschen Besatzer oder auch der Versuch, die teilweise eigene Kollaboration vergessen zu machen?
Exkurs zur dänischen Judenpolitik
Die Verhinderung des Holocaust an der überwiegenden Zahl der in Dänemark lebenden Juden im Jahre 1943 gilt als Sternstunde des dänischen Widerstandes gegen die deutsche Besatzungspolitik. Als die Deportation der dänischen Juden befohlen wurde, warnte der deutsche Diplomat Georg Ferdinand von Duckwitz sozialdemokratische dänische Politiker. Diese setzten den Ober-Rabbiner in Kopenhagen in Kenntnis. Mit Hilfe dänischer Fischer wurden 7742 Juden – darunter 1576 nicht dänische Staatsangehörige, d.h. wohl überwiegend aus Deutschland geflohene Juden – nach Schweden in Sicherheit gebracht. Offenbar hat der Reichsbevollmächtigte für Dänemark, Dr. Werner Best die weitgehend reibungslose Zusammenarbeit mit dänischen Behörden nicht gefährden wollen, um weiterhin die Versorgung Deutschlands mit Nahrungsmitteln aus Dänemark zu sichern. Er hatte der Gestapo verboten, bei ihren Razzien Türen aufzubrechen. Die bereits inhaftierten ca. 550 Juden wurden in Konzentrationslager deportiert.
Best war vorher in Frankreich für die deutsche Judenpolitik verantwortlich gewesen. Dieser fielen zuerst die nach dort geflohenen jüdischen Menschen zum Opfer und dann auch ein Teil der jüdischen Franzosen. (Ulrich Herbert, Best, Bonn 1996)
2. Grunddaten
Die dänische Bevölkerung ist weitgehend homogen: knapp 90% sind Dänen. Etwas mehr als 10% gehören zur deutschen Minderheit oder haben einen Migrations-Hintergrund.
60% der dänischen Exporte gehen in die EU Länder, 70% der Importe kommen aus diesen Ländern. Die Wachstumsraten des BIP lagen in der Vergangenheit nur 3 Mal im Minusbereich – 1981 bei -048%, dann 2009, dem schlimmsten Jahr der internationalen Finanzkrise bei -4,9% und 2020, dem Corona Krisenjahr bei -6,5%. In allen anderen Jahren wurden positive Wachstumsraten verzeichnet mit + 4,9% 1986, sowie +5,33% 1995 und +3,6% 2016. Ansonsten schwanken die Raten sehr (Statista). Wissenschaftliche Studien bezweifeln, dass der Vorteil der EU- Mitgliedschaft eines Landes allein an den Wachstumsraten des BIP abzulesen ist. Die Import-Export Daten deuten allerdings darauf hin, dass die dänische Wirtschaft sehr gut in den gemeinsamen Markt ohne Zollschranken integriert ist. Hinzu kommen die Möglichkeiten der Reise- und Kapitalverkehrsfreiheit und die Möglichkeit, den Arbeitsplatz in der gesamten EU frei zu wählen.
Soziale Situation
Das BIP pro Kopf liegt 2019 für Dänemark bei 53 430,- Euro pro Jahr. Das ist ein Spitzenwert in der EU. Er liegt weit über dem Durchschnitt von 31 110,-Euro. Nur Luxemburg mit 102.200,- und Irland mit 70.470,- Euro lagen höher. Bulgarien als Schlusslicht liegt bei 8.680,- Euro.
Der HDI lag 2019 bei sehr hohen 0,930 und damit auf Rang 11 der 189 Länder – glückliche und zufriedene Dänen.
52,7% der Landfläche werden agrarisch genutzt. Das sind ca. 2 Millionen Hektar. 60% hiervon fallen auf Getreideanbau, also auf Gerste, Hafer, Weizen, Roggen. Auf der restlichen Fläche werden Futterpflanzen kultiviert. 3% aller Beschäftigten fallen auf die Landwirtschaft, 24% auf die Industrie und 73% auf den Dienstleistungssektor – Daten von 2005. Frauen machen 46,4% der Erwerbstätigen aus.
Seit der Finanzkrise ab 2008 betreibt Dänemark eine verschärfte Sparpolitik. So gelang es 2013 und auch 2014, das Haushaltsdefizit unter 1% des BIP zu drücken – ein sensationeller Wert, denn das Maastricht Kriterium erlaubt maximal 3%. 2020 gehörte Dänemark zu den sog. „sparsamen Vier“. Diese wollten ursprünglich nur Kredite an die von der Corona Krise besonders getroffenen Länder aus dem geplanten Wiederaufbaufonds vergeben.
Der Mehrwertsteuersatz in Dänemark liegt bei 25% und der Spitzensatz der Einkommenssteuer bei 59%.
Sonderrechte
Die EU-Mitgliedschaft wird von Kritikern mit einem Schweizer Käse verglichen – fast mehr Löcher als Käse. Grönland gehörte zunächst mit zur EU. Nachdem Grönland innerhalb Dänemarks mehr Autonomie erhalten hatte, kam es zum EU Austritt, dem ersten Austritt lange vor dem Brexit. 1992 votierte eine Volksabstimmung gegen den Maastrichter Vertrag. Daraufhin handelte die dänische Regierung mit der EU mehrere Ausnahmen aus. Das sind: keine Verpflichtung zum Beitritt zum Euro, keine Mitarbeit in der supranationalen Justizpolitik, keine Beteiligung an EU-Militärangelegenheiten. Dies bedeutet keine Teilnahme an der immer bedeutsameren EU-Verteidigungspolitik. So gelang es, dass in einer erneuten Volksabstimmung 1993 ein Ja zum Maastricht Vertrag zustande kam. Dänemark verhandelt in Justizangelegenheiten so wie Norwegen und die Schweiz nur bilateral mit der EU. Von daher ist es auch nicht der Europäischen Staatsanwaltschaft beigetreten, die am 1.6.2021 in Kraft trat.
2018 betrug der dänische Beitrag zum EU Haushalt 2,54 Milliarden Euro. Aus der EU flossen 1,41 Milliarden nach Dänemark zurück. Dänemark gehört also zu den Netto-Zahlern. Finanziert wurden damit Straßenbau, Forschungsförderung und Umweltschutzmaßnahmen.
Leben und Kultur
Aus EU-Sicht sagen die Kritiker: „Etwas ist faul im Staate Dänemark“ (Shakespeare). Shakespeares Drama Hamlet spielt im Schloss Helsingör (s. Bild). Besucher können dort ständig Szenen aus dem Stück beiwohnen.
Als Nationalgericht gilt Smörrebröd, Roggenbrotschnitten üppig belegt mit Speisefisch, Wurst, Pastete oder Fleisch, garniert mit Ei und eingelegtem Gemüse.
Der Nationaldichter ist Hans Christian Andersen. Seine Märchenerzählungen sind weit über Dänemark hinaus bekannt – ein Denkmal für ihn steht z.B. in Bratislava am Donauufer. Fast jeder kennt die kleine Meerjungfrau auf dem Felsen im Hafen von Kopenhagen, auch eine Figur aus Andersens Märchen.