Die erste Fabrik in Europa
Die EU ist bemüht, vom chinesischen Markt unabhängiger zu werden, vor allem was die Zukunftstechnologien betrifft. Und dazu gehört die Elektromobilität. Um dabei größere Reichweiten der Motoren herstellen zu können, ist das Leichtmetall Lithium unverzichtbar. Dieses wird aus Steinen herausgelöst, gereinigt und veredelt und als Lithium-Hydroxid mit einer hohen Energiedichte hergestellt.
Nun konnte ein niederländisch-amerikanisches Unternehmen in Sachsen-Anhalt, im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen die erste Fabrik eröffnen. Diese kann eine Kapazität von 20.000 Tonnen im Jahr bewältigen. Und das soll für die Herstellung von Kathodenmaterial für 500.000 Batterien für Elektroautos im Jahr ausreichend sein. Das Lithium-Hydroxid soll an Kathoden- und Zellhersteller in Polen und in Ungarn geliefert werden, die sie dann verbauen.
Daten zum Industriepark
Die Bauzeit für die Fabrik betrug nur 2,5 Jahre. Und die Investition des Unternehmens belief sich auf 140 Millionen Euro. Vor Ort gibt es aufgrund der Industriegeschichte der DDR eine gute Akzeptanz für neue Industrieansiedlungen und wohl auch Genugtuung über 80 neue Arbeitsplätze. Die Fabrik entstand auf dem Gelände der alten Filmfabrik Wolfen. In der Regierung hofft man, noch mehr Firmen zu finden, die hier mit dem Zukunfts-Stoff weiter arbeiten. So möchte die Regierung erreichen, dass eine ganze Wertschöpfungskette vor Ort entsteht.
Denn Infrastrukturprojekte haben in Bitterfeld-Wolfen mittlerweile ein gut ausgebautes Schienen- und Rohrleitungsnetz, sowie eine gute Anbindung an die Autobahn geschaffen. 5 Milliarden Euro hat man hier verbaut. Mit dieser Hilfe konnten sich auf etwa 1.000 Hektar bisher rund 360 Unternehmen ansiedeln. Sie beschäftigen mehr als 12.000 Mitarbeiter. Und so interessieren sich nicht mehr nur – internationale – Chemiefirmen für diesen Standort, sondern auch Unternehmen der sog. Zukunftsbranchen.
Rückschau
Zur Bedeutung der Infrastrukturprojekte ist ein Blick auf die Zeit der DDR vonnöten. Denn der Ort wurde zum Synonym für eine sozialistische Industriepolitik mit katastrophalen Umweltschäden und maroden Produktionsbetrieben. Unter Beteiligung des Bundes-Umweltministeriums startete 1990 das Pilotprojekt „Modellhafte Sanierung eines hochbelasteten Chemiebetriebes“. Schon aufgrund der Stilllegung von besonders dreckigen Produktionsstätten sank die Umweltbelastung spürbar. 1994 ging dann ein großes Gemeinschaftsklärwerk ans Netz, durch das auch Mulde und Elbe entlastet wurden. Vor allem aber war das mit entscheidend für die Entwicklung einer modernen Infrastruktur. Die Unternehmen des Chemieparks erhalten dadurch u.a. Trink- und Brauchwasser, Dampf, Druckluft, Erdgas, technische Gase, wie Wasserstoff, Stickstoff, chemische Grundstoffe wie Chlor, Natronlauge, Schwefelsäure. Eine Netzführung als Ringsystem sichert eine redundante Versorgung. Das Rohrbrückensystem hat eine Gesamtlänge von ca. 20 km. Das vermeidet den gefährlichen Transport von Chemikalien über die Straße. Ein Löschwassernetz beinhaltet über 200 Grundschutzhydranten. Eine Thermische Restabfallbehandlungsanlage stellt Dampf- und Fernwärme zur Verfügung.
Herkunft des neuen Rohstoffs
Derzeit liefert vor allem Brasilien den Rohstoff für die Lithium-Veredelung. Angeblich muss er jedoch in einem notwendigen Zwischenschritt zuerst nach China. Aber es gibt Überlegungen, das Lithium auch im Erzgebirge abzubauen. Auch Portugal steht auf der Liste zukünftiger Lieferanten. Und man erinnert sich: Bundeskanzler Scholz reiste 2024 nach Serbien. Dort gibt es viel Lithium, allerdings auch viel Widerstand gegen einen möglichen Abbau.
Die prognostizierte Zukunft der Herstellung in Deutschland
Der Rohstoffkonzern spricht davon, die erste von fünf geplanten Raffinerien an diesem Standort abgeschlossen zu haben. Und die erste Jahres-Produktionskapazität sei bereits ausverkauft. Er habe deshalb vor, bis zum Jahr 2030 mit den weiteren vier Gebäuden die Kapazität ggfs. auf 100.00 Tonnen zu erhöhen. Das wären dann geschätzt 14 % der möglichen zukünftigen Nachfrage. Lithium gilt als weißes Gold der Batteriesparte.
Der Vorstandsvorsitzende der Firma AMG Critical Materials N.V. betonte, dass auch er an den Aufbau einer kompletten Lithium-Wertschöpfungskette denke. Damit wolle die Firma „einen Beitrag zum Europäischen Rohstoffgesetz und zu mehr Unabhängigkeit bei Rohstoffen und kritischen Materialien“ leisten. Denn das Ziel sei, das Lithium vor allem Kunden zu liefern, die in Europa produzieren.