Industriepolitik 

Wie und wo CO² eingefangen und gelagert werden kann

Alle mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeuge produzieren z.B.  CO² und pusten es in die Luft. Aber diese Abgase abzufangen, wäre ein kostspieliges und nicht zu bewältigendes Unterfangen. In den Emissionen der Industrie allerdings ließe sich der Prozess bewerkstelligen. Das Abgas müssten die Betriebe dann durch Pipelines zu entsprechenden Lagerstätten pumpen. Solche könnten z.B. dort liegen, wo vorher Konzerne Öl oder Gas gewonnen haben. Vornehmlich unter Meeren, in gebührendem Abstand vor Küsten. Dort könnte man das CO² zusammen mit Wasser in die Tiefe pressen. Es mineralisiert dort und wird zu festem Carbonat. Das passiert z.B. seit fast zehn Jahren vor Island, wo noch große Kapazitäten zur Lagerung vorhanden sind.

Warum das Einfangen und Lagern umstritten ist

`Wenn man das CO² einfangen und entsorgen kann, ist die Entkarbonisierung doch nicht dringend oder vielleicht gar nicht erforderlich. Jedenfalls nicht in dem Umfang, den Umweltschützer fordern´, so die Überlegungen und Handlungen der fossilen Industrie. Deshalb sind die Befürchtungen der Umweltschützer groß, dass die großen Konzerne weitermachen wie bisher. Oder sogar in größerem Ausmaß, denn die Erschließung neuer Öl- bzw. Gasfelder durch die großen Firmen weltweit geht tatsächlich munter voran.

`Wenn wir Klimaschützer uns auf die Speicherung von CO² einlassen, wird das Klima der große Verlierer sein. Denn mit dem Speichern kann man allenfalls einen kleineren Teil des weiter entstehenden CO²s dem Kreislauf entziehen´, so die grüne Argumentation.

Und Bürgerinnen und Bürger stehen der neuen Technik skeptisch bis ablehnend gegenüber – sowohl was den Bau der Pipelines angeht, aber  die Lagerung an Land zumal, und z.T. auch auf See – je nach Entfernung zu den Küsten. Bekanntlich sehen auch Umweltschützer Eingriffe in den Meeresboden sehr kritisch.

Warum eine entkarbonisierte Wirtschaft dennoch eine CO²-Speicherung benötigt

1. Eine in dieser Hinsicht sehr problematische Wirtschaft ist die Zementindustrie. Zwar kann man langfristig die enorme Menge an Energie, die sie in Form von Strom benötigt, durch (grünen) Wasserstoff decken. Natürlich nur, wenn genug erneuerbarer Strom zur Verfügung steht. Aber das im Prozess anfallende CO² lässt sich damit nicht vermeiden.

2.  Auch die Landwirtschaft gilt als ein Sektor, in dem sich die Entstehung großer CO²-Mengen nicht vermeiden lässt.

3. Als eine dritte CO²-Quelle gilt all das CO², das bereits in die Atmosphäre entwichen ist und das weiter entweichen wird. Der Weltklimarat (IPCC) und auch die Internationale Energieagentur gehen davon aus, dass die Welt bis zum Jahr 2100 viel Hundert Milliarden Tonnen CO² speichern  muss.

4. Die Verantwortlichen denken deshalb sogar darüber nach, dass das bereits in der Atmosphäre befindliche CO² zurückgeholt werden muss. Denn realistischerweise wird die Erderwärmung über 1,5 Grad steigen. An diesem Punkt sind wir vermutlich 2025 schon angekommen. Die Rückholung gilt Klimaschützern als Möglichkeit der Veränderung. Sie hoffen, das könne zur Abkühlung der Erde führen.

Wie sich Deutschland darauf einstellt

Nochmal zur Zementindustrie. Das CO² entsteht in großen Mengen beim Kalkbrennen, einem zentralen Schritt in der Herstellung. Dabei handelt es sich um einen chemischen Prozess. Der größte deutsche Baustoffhersteller hat im nordrhein-westfälischen Geseke die Pläne fertig, um sein dortiges Zementwerk mit dieser Technologie zu dekarbonisieren: 800.000 Tonnen pro Jahr.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich pragmatisch auf die Notwendigkeit eingestellt. Er überzeugt auch seine Partei davon, denn aus seiner Sicht ist „die Technik (dafür) reif und sicher“. Und das CO² soll „auf hoher See gespeichert werden, in der sogenannten deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone. Das ist ein großes Gebiet, etliche Kilometer vor der Nordseeküste“. Man könnte es aber auch in umliegende Anrainerstaaten der Nordsee pumpen, die schon länger an der Entwicklung der Speicherung arbeiten.

Schon im Januar 2024  hatte der BDI gemeinsam mit den Umweltverbänden NABU und WWF sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB)  einen Appell für eine deutsche Klimaschutzstrategie veröffentlicht. Eine seltene Übereinstimmung zwischen diesen Verbänden, die nun aufgrund der drängenden Zeit gemeinsam argumentieren: Eine Strategie für das CO2-Management solle sicherstellen, „dass Elektrifizierung, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Kreislauf- und Wasserstoffwirtschaft sowie die Förderung natürlicher CO2-Senken „durch den Einsatz von CCS und CCU (die englischen Begriffe für die Speicherung) nicht ausgebremst werden“.

Der Strategiewechsel erfolgte nach der Einsicht der Grünen: „Erfolgreiches Überleben erfordert Veränderung statt Stagnation.“ (Viviane Raddatz vom WWF)

Deutsche Zementindustrie zufrieden

Der Hauptgeschäftsführer des Verein deutscher Zementwerke (VDZ), Martin Schneider, hat sich mit der finanziellen Unterstützung der Bundesregierung für die Transformation ´seiner` Industrie hin zu grünem Zement sehr zufrieden gezeigt. Den CO²-Gehalt des verbauten  Zement wird man in der Zukunft ablesen können. Das bedeutet, dass öffentliche Ausschreibungen demnächst den CO²-Fußabdruck neben dem Preis zu einem weiteren Kriterium machen können.

Für die übrig bleibenden CO²-Abscheidungen ist die Zementindustrie dann auf das Leitungsnetz angewiesen, um diese in die Lagerstätten zu pumpen. Das Netz soll privatwirtschaftlich finanziert werden.

Da die Bauindustrie sortenreinen Beton eins zu eins wiederverwerten kann, ist der VDZ auch mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zufrieden. Die Förderung und die verabschiedeten Gesetze schaffen sichere Rahmenbedingungen, die die Wirtschaft braucht und mit der sie gut umgehen kann. Ein seltenes, aber ausdrückliches Lob von Martin Schneider für die Politik.

Bundesregierung legt Konzept vor

Das Bundeskabinett hat am 6. August seine `Carbon Mangement Strategie´(CMS) beschlossen. Das Lagern soll überwiegend in Kavernen unter der Nordsee erfolgen. Eine staatliche Förderung werde es nur „für schwer bzw. nicht vermeidbare Emissionen in der Industrie und Abfallwirtschaft“ (Müllverbrennung) geben. Schon vor 2030 will die Regierung helfen,  je ein Projekt in diesen beiden Sektoren zu realisieren. Der Aufbau des Fernleitungsnetzes müsse daher zeitnah beginnen. Bis zu Fertigstellung müsse der Transport möglichst per Schiff oder Zug erfolgen.