Zypern, Felsen der Aphrodite, Jens Reimann, ((WT.de) Jensre), Wikitravel.de, CC BY-SA 1.0.jpg

Dem Liebespaar, das den kleinen Felsen bei Mondschein dreimal schwimmend umrundet, blüht ewige Liebe. Jens Reimann ((WT/de) Jensre), Wikitravel/de, CC BY-SA 1.0

Zypern ist eine vergleichsweis zu Sizilien relativ kleine Insel im östlichen Mittelmeer. Sie liegt im Süden der Türkei, westlich vor der Küste von  Syrien bzw. von Libanon. Ganz Zypern gehört offiziell seit 2004 zur EU.

Im Südwesten der Insel befindet sich ein berühmter Felsen.   Aphrodite, die Liebesgöttin in der griechischen Mythologie, stieg angeblich bei diesem kleinen, ganz im Wasser liegenden  Felsen aus dem Meer.

Seit 1974 eine geteilte Insel

Aber die Insel ist bedauerlicherweise seit 45 Jahren geteilt. Als in Griechenland  ein Putsch von Offizieren der Militärjunta stattfand, hat auch die zypriotische Nationalgarde gegen den zypriotischen Präsidenten, den griechisch-orthodoxen Popen Makarios geputscht.

Das nahm die Türkei zum Anlass, völkerrechtswidrig – unter Berufung auf ihre angebliche Position als Garantiemacht des Londoner Garantie-Vertrages – 1974 den nördlichen Teil  zu besetzen und damit 37% der Fläche. Diese Besetzung dauert bis heute an. Der international nicht anerkannte Teil nennt sich Türkische Republik Nordzypern.

Hauptstadt des europäisch/griechischen Teils von Zypern ist Nikosia, obwohl die Stadt fast auf der Grenze zum Nordteil liegt. Von Nikosia ist es natürlich viel weniger weit nach Israel als nach Brüssel. Zypern ist damit das Sprungbrett der EU in den Nahen Osten und nach Israel. Die Währung ist der Euro.

Im „griechischen“ Teil Zyperns leben 850 000 Einwohner, 150 auf dem Quadratkilometer. (Auf der Insel insgesamt leben 1,19 Millionen.)

 

1. Geschichte

Auf Grund seiner Lage war Zypern mehreren Einflüssen ausgesetzt, einerseits dem Einflussbereich der Ägäis, und damit also Griechenland, außerdem Anatolien, also der Osttürkei sowie der Levante. Damit ist der Handelsverkehr des gesamten östlichen Mittelmeeres gemeint, denn Zypern liegt im Levantinischen Meer. Und schließlich war auch Ägypten einflussreich. Außerdem war Zypern immer wieder Objekt der Auseinandersetzungen zwischen der oströmisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche.

Aus der Vor- und Frühgeschichte sind Spuren von Insel-typischen Zwergformen von Säugetieren – Zwergflusspferde und Zwergelefanten, aber immer noch 2 Meter hoch zu finden – so wie auch auf Malta . Älteste Siedlungsformen mit runden oder quadratischen Häusern datieren wohl auf ein Alter von        12 000 Jahren.

Eine wichtige Handelsstation, Reich an Kupfer

Ab ca. 3000 vor Christi Geburt werden die reichhaltigen Kupfervorkommen ausgebeutet. Das ist bekannt, weil man Kupferwaffen und Keramik als Grabbeigaben finden konnte.

Das lateinische Wort cuprum leitet sich aus „aes cyprium“, Erz aus Zypern ab. Zypern wurde eine wichtige Station im Handel zwischen Kreta, Griechenland, der Levante und Ägypten.  „Ochsenhautbarren“ von Kupfer wurden exportiert und sie fungierten u.a. auch als Primitivgeld. Fundorte im Irak, in Sardinien sind belegt, sogar bis hin nach Süddeutschland .

Griechische und römische Einflüsse

Als  zyprische Schrift benutzte man ab dem 1. Jahrtausend vor Christi Geburt  auf Zypern  die griechische Sprache. Nachweisbar sind außerdem Einflüsse der Phönizier, dem Volk der Händler ursprünglich aus dem Libanon. Ab 721 vor Christus herrschten die Assyrer über die 7 Königreiche auf Zypern. Danach folgte die persische Herrschaft. Zur Zeit des Griechen, Alexander des Großen unterstützten die zyprischen Könige seine Feldzüge mit großzügigen Flottenangeboten.

58 vor Christus wurde die Insel römische Provinz auf Grund der Habgier wegen des Rohstoffreichtums und der Fruchtbarkeit des Landes. Marcus Antonius übertrug 48/47 Kleopatra von Ägypten die Herrschaft über Zypern, was nach seinem Tod wieder rückgängig gemacht wurde.

Frühes Christentum

Schon 46 nach Christi Geburt wurde das Christentum durch die Apostel Paulus und durch Barnabas nach Zypern gebracht.

Nach der Verlagerung der Hauptstadt des römischen Reiches von Trier nach Byzanz unter Kaiser Konstantin I. wurde Zypern   Teil des oströmischen Reiches und damit Teil der byzantinisch orthodoxen Kirche. „Die dem Erzbischof von Zypern gewährten Privilegien waren eine Ohrfeige besonders für die sich gerne als Herren ihrer Provinzen generierenden Patriarchen von Syrien und Ägypten, hoben sie den Erzbischof von Zypern doch in eine politische Stellung gleich hinter dem Kaiser und damit über jeden Patriarchen bzw. Provinzgouverneur“ (Wikipedia, Geschichte Zyperns).

byzantinische Kirche Karpaz Panagia Kanakaria, Julian Nyca, CC BY-Sa 3.0

Aber 649  überrannten arabische Truppen die Insel. Zypern gelang es jedoch, ein arabisch-byzantinisches Kondominium einzurichten, indem sie  jährlich einen Tribut an den Kalifen von Damaskus von 7200 Dinaren zahlten. Und sie verpflichteten sich, die Araber über feindliche Aktionen der Byzantiner zu informieren. Gleichzeitig führten sie aber auch Steuern nach Konstantinopel ab und sicherten sich so die Beibehaltung ihrer religiösen Orientierung. Es gab Zeiten der Kriege zwischen den Vertragspartnern, denen Zeiten der Erneuerung des Kondominiums folgten.

Ab 965 folgte eine 2. byzantinische Herrschaft über die Insel.

Kreuzritter und andere Katastrophen

1153 unternahm der französische römisch-katholische Kreuzritter Rainald von Chatillon einen gnadenlosen Raubzug nach Zypern. „Die Franken brandschatzten Städte und Klöster, töteten und vergewaltigten die Einwohner und raubten das Vieh. Führende Bürger und Bischöfe wurden gefangen gehalten, bis Lösegeld gezahlt wurde“ (ebd). 1157 brachte ein Erdbeben eine zusätzliche Katastrophe. 1158 folgte auch noch ein Überfall durch Ägypter.

Katholische Ordensübernahme und Feudalismus

Richard Löwenherz, König von England, eroberte die Insel 1191 auf seinem Kreuzzug nach Akko. Er verkaufte die Insel später an die katholischen Templerorden. Daraufhin baute König Amalrich die katholische Kirchenorganisation aus.

Französische katholische Familien, die ihre Besitzungen im „Heiligen Land“ verloren hatten, siedelten dann auf Zypern, später auch venezianische Adelige. Der Feudalismus dieser Zeit lebte von Leibeigenen, die 1/4 bis 1/3 der Ernte an die Grundbesitzer abführen mussten und von Sklaven, meist Muslimen. Katholische Klöster eigneten sich das Land der orthodoxen Kirchen an.

Später wurden verstärkt Zuckerrohrplantagen angelegt. Möglicher Weise waren sie für die immer wieder auftretenden Heuschreckenplagen zwischen 1351 und 1915 verantwortlich.

Die Könige von Zypern galten als verweichlicht und dekadent aufgrund eines  Übermaßes an Luxus, Völlerei und anderer Arten der Übermäßigkeit.

Zypern, Die Festung Kyrenia aus der venezianischen zeit, Julian Nyca, CC BY-SA 3.0.JPG

Die Festung Kyrenea als Sinnbild für die beständig notwendige Verteidigung gegen Feinde jeglicher Art, erbaut von den Veneziern, Julian Nyca, CC BY-SA 3.0

Erneuter Kreuzzug

1228 setzte der Staufer Kaiser Friedrich II, König von Sizilien, auf dem Weg zum 5. Kreuzzug neue Regenten auf Zypern ein, doch es kam zu einem Bürgerkrieg. Die Armee der königlichen Statthalter wurde geschlagen.

1348 brach die Pest aus. Zyperns König Peter I. (1359-1369) organisierte in Westeuropa den Kreuzzug gegen Alexandria. Die Stadt wurde geplündert, ein Teil der Einwohner getötet und 5.000 Menschen als Sklaven verschleppt. Diesmal war Zypern mal nicht das Objekt fremder Mächte, sondern selbst Ausgangspunkt von brutalen Eroberungen. Sie geschahen im Namen der katholischen Kirche.

Nach dem Niedergang des zypriotischen Königreiches wurde die Insel genuesisches Protektorat: die Handelsniederlassung an der Küste griff in innerzyprische Politik ein. 1425 wurde die Insel durch die Mameluken erobert, islamische Militärsklaven zentralasiatischer oder osteuropäischer Herkunft .

Ende des 15. Jahrhunderts folgt die venezianische Herrschaft, unter der die orthodoxe Kirche die volle Religionsfreiheit erhielt.

Die Osmanische Herrschaft

1570 eroberten allerdings die Osmanen nach 11 monatiger Belagerung von Famagusta, dem Handelshafen, die Insel. „Der venezianische Statthalter von Zypern, Marcontanio Bragadin, wurde von Mustafa Pascha mehrere Tage lang gefoltert und danach getötet; man schnitt ihm die Ohren und die Nase ab und häutete ihn bei lebendigem Leibe“ (ebd). Die Osmanen brachten Siedler aus dem südlichen Anatolien ins Land. Die Besitzungen der Johanniter wurden von den Osmanen „übernommen“. Von 1570 an bis 1878 war Zypern ein Teil des Osmanischen Reiches also für mehr als 300 lange Jahre.

Britisches Protektorat

1878 übernahm Großbritannien als Ergebnis der Zypern – Konvention Zypern als Protektorat. Das Osmanische Reich hatte Großbritannien die Macht über die Insel als Gegenleistung für deren Unterstützung im Russisch-Türkischen Krieg gewährt. Dies ist wieder ein Beispiel, wie ein kleines Land zum Spielball im Geschacher der Großmächte wird.

Der Staat Zypern entstand endlich am 16.8.1960.  Großbritannien entließ seine Kronkolonie als ganze Insel in die Unabhängigkeit. Leider währte „das Glück“ nur 14 Jahre (s.o.).

Alle Versuche der Wiedervereinigung Zyperns nach der Besetzung durch die Türkei 1974 auch und gerade durch internationale Vermittlungen sind bisher gescheitert.

Zypern, Übersichtskarte, Maximilian Dörrbecker, CC BY-SA 2.5.png

Zwischen dem türkisch widerrechtlich besetzten Teil und der unabhängigen Republik Zypern ist eine neutrale Pufferzone (grün) eingerichtet worden. Außerdem haben die Briten zwei Militärbasen errichtet (gelb). Maximilian Dörrbecker, CC BY-SA 2.5

2. Grunddaten

Im türkischen Teil befanden sich immerhin 70% der Wirtschaftsleistung der Insel, so z.B. 90% der Hotels, 80% aller Zitrus-Bäume und auch der wichtige Handelshafen Famagusta. Dieser liegt heute völlig brach. Nach der Teilung musste die Wirtschaft gänzlich neu organisiert werden. Schiffsreparaturen und Finanzdienstleistungen wurden als neue Standbeine aufgebaut und der Tourismus an der Südküste neu etabliert.

2019 erwirtschaftete die Landwirtschaft 2% des BIP –vor allem mit Orangen und Grapefruit sowie Gemüse mit Hilfe künstlicher Bewässerungssysteme. Bisher wurden besonders Kartoffeln nach Großbritannien exportiert. Auf Grund des milden Klimas sind durchweg 2 Ernten im Jahr möglich.

Die Industrie lebt vorrangig von Abbau und Verarbeitung naturgebundener Ressourcen – neben Kupfer auch Marmor, sowie von der Herstellung von Textilien, auch von Metallwaren und Chemikalien.

Der Dienstleistungssektor macht 75% oder mehr aus: besonders durch die Finanzdienstleistungen und durch den Tourismus. In letzterem gab es vor dem Ausbruch der Corona Pandemie die meisten Arbeitsplätze (statista). Im Februar 2020 betrug die Arbeitslosenrate nur 5,8%.

Sondersituation

Zypern hat einen Körperschaftssteuersatz, also die Steuer auf erwirtschaftete Gewinne, von lediglich 12,5%. Zypern versucht damit, Unternehmen bzw. den Sitz von Unternehmen aus der übrigen EU und dem Ausland anzulocken. Diese Steueroase dient allerdings Holdinggesellschaften mit ausländischen Eigentümern, besonders aus Russland, als Sitz. 2013 ging Zypern auch noch dazu über, ausländischen Investoren mit mindestens 2,5 Millionen Euro in Zypern im Gegenzug die Einbürgerung anzubieten. Daraus sollen bisher Einnahmen in Höhe von 8,25 Milliarden Euro „erwirtschaftet“ worden sein.

Im Oktober 2020 hat die EU Kommission gegen Zypern (und Malta) wegen dieser illegalen Praxis Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. EU-Pässe verkaufen heißt: auch Kriminelle greifen gerne zu (Im Goldrausch, DIE Zeit 26. November 2020, S. 21).

Soziale Situation

Zypern, das zusammen mit den ersten osteuropäischen Staaten 2004 in die EU aufgenommen wurde, ist weiterhin noch Nettoempfänger von EU Zahlungen. 2018 betrug der Haushaltssaldo plus 77,9 Millionen Euro. Dies bedeutet ein zusätzliches Wachstum des BIP um 0,4%. Jeder Bürger Zyperns „erhielt“ damit von der EU 89 Euro im Jahr.

Die Staatsverschuldung lag 2018 bei Besorgnis erregenden 100,6% und dürfte im Zusammenhang mit der Pandemie Bekämpfung weiter ansteigen.

Das BIP pro Kopf, Kaufkraft bereinigt, lag 2017 bei 35.170,- US Dollar im Jahr. Diese Zahl dürfte aber wenig aussagen, weil sie durch die Berücksichtigung von Ausländern, die sich die EU Staatsbürgerschaft „erkauft“ haben, nach oben gezogen wurde.

Eskalation im Konflikt mit der Türkei

Der Konflikt zwischen Zypern und der Türkei bezieht sich nicht nur auf die Teilung des Landes, sondern seit 2019 auch auf die durch die Türkei geplante Ausbeutung von Gasvorkommen süd-östlich von Zypern im Mittelmeer. Die Türkei behauptet, ihr Festlandssockel ginge bis dorthin. Zypern dagegen beruft sich auf das Seerechtsübereinkommen der UN. Danach hat es in einer Zone bis 200 Seemeilen das alleinige Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen. Diese Position wird von der EU unterstützt. Wegen dieses Konflikts haben Frankreich, Italien, Griechenland und Zypern dort gemeinsame Militärmanöver abgehalten.

Leben und Kultur

Zypern, Hardune, Julian Nyca, CC BY-SA 3.0.JPG

Ein Hardun, aus der Familie der Agamen Julian Nyca, CC BY-SA 3.0

Kulturell ist Zypern ein Art Freilichtmuseum seiner Geschichte: Man kann besichtigen: prähistorische Siedlungen und klassische griechische Tempel sowie römische Theater und Villen, frühchristliche Basiliken und byzantinische Kirchen und Klöster, gotische Kathedralen sowie      muslimische Moscheen und Gebäude, schließlich Kreuzfahrerkastelle und venezianische Festungen.

Zum ESC 2021 wird die Sängerin Elena Tsagrinou das Lied El Diablo präsentieren. Es geht darin darum, dass eine Frau sich von einem schlechten Mann trennen will. Die zypriotisch-orthodoxe Kirche ist empört und hat die Regierung dazu aufgefordert, das Lied zurückzuziehen. Die Regierung weigert sich: es handele sich um Freiheit in der Kunst. (RZ, 8.3.21)

Im Norden der Insel können Meeres-Schildkröten noch geschützt brüten. Als eine größere Echsenart lebt der hartgesottene Hardun an bis zu 60 ° heißen Stätten und erkämpft sich einen Teil seiner Beute mit seinem langen Schleuderschwanz.

Kulinarisch gilt als Nationalgericht Kleftiko, geschmortes Lamm mit ebenfalls geschmorten Kartoffeln.