Der europäische Emissionshandel (EU ETS)

Dieses System gibt es bereits ab 2005. Die Europäische Union will den Ausstoß an Treibhausgasen senken, und zwar um 55 Prozent bis zum Jahr 2030. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sie das „Fit for 55“-Maßnahmenpaket geschnürt. Zentraler Hebel von Fit for 55 ist der Emissionshandel (Emissions Trading System, kurz EU ETS). Er definiert sich nach einem einfachen Prinzip: Wer CO₂ ausstoßen will, muss dies mit Zertifikaten kompensieren, also „bezahlen“. Die Emissionszertifikate werden von der EU vergeben, einige werden gratis bereitgestellt. Diese CO2-Zertifikate sind ein Gut, das Unternehmen frei miteinander handeln können. Die Gesamtmenge der zur Verfügung stehenden Emissionsrechte sinkt von Jahr zu Jahr. Das lässt die Preise der CO₂-Zertifikate tendenziell steigen – was Unternehmen Anreize gibt, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Für jedes CO₂-Zertifikat dürfen die Unternehmen laut Definition eine Tonne Kohlendioxid ausstoßen.

Das CBAM CO²-Grenzausgleichs-System

CBAM ist die Abkürzung für Carbon Border Adjustment Mechanism, also ein CO²-Grenzausgleichs-Mechanismus bzw. System der EU.    Das heißt: Diejenigen Staaten, die Produkte nach Europa exportieren wollen, müssen, wenn die Exporte CO²-intensiv sind, „Steuern“ bzw. Abgaben  darauf zahlen. Denn sonst könnten europäische Hersteller, die CO²-arm produzieren müssen, benachteiligt sein. Die EU hat diese Verordnung 2021 im Sommer verabschiedet. Die Hoffnung dahinter: Damit sollen nicht nur die CO²-Emissionen in Europa gesenkt werden, sondern auch die der Exporteure und damit die der „ganzen“ Welt. Geplant ist, dass die Abgaben ab Januar 2023 bis Januar  2026 je nach Produkt in Kraft treten.  Importe von Stahl und Beton z.B. und auch von Aluminium gehören zu den Artikeln, für die der Zertifikate-Handel als letztes beginnt.

Das endgültige Aus für Verbrenner

Das EU-Parlament hat  – nach dem im Vorjahr stattgefundenen Trilog – nun, am 14.2.2023 sein „letztes Wort“ bezüglich der Zukunft von Verbrenner-Motoren gesprochen. Es gilt für kleine und größere Personen-Kraftwagen (SUVs bzw. Vans), sowie für kleine Zulieferwagen (Klein-Transporter), d.h. sowohl für Benziner wie auch für Diesel-Motoren. Der Rat muss dem formal nochmal zustimmen. (dazu s. u.) Kurz danach wird es offiziell veröffentlicht. Das damit beschlossene Gesetz ist, ebenso wie das CBAM und der Emissionshandel Teil des „Fit for 55“ Vorhabens, des umfangreichen Paketes des Green Deal, das immer mehr Fahrt aufnimmt.

Nach einer  langen und emotional geführten Debatte haben 340 Abgeordnete für das Verbrenner-Aus für Neuwagen ab 2035 gestimmt. 279 waren dagegen, ab 2035 gar keine Verbrenner-Antriebe mehr zu produzieren. Sie wollten die Alternative der E-Fuels, s. unten.  21 Abgeordnete konnten sich trotz wissenschaftlicher Vorträge nicht entscheiden.

Anstelle von Verbrennern sollen die ab 2035 hergestellten genannten Fahrzeuge nur noch mit elektrischen Antrieben fahren. Die Emissionen dieser ab 2035 neu produzierten Autos werden dadurch auf Null sinken.

Weitere Beschlüsse

Schon für das Jahr 2030 setzt die EU die CO²-Reduktionsziele hoch. Und zwar für PKWs von 37,5  auf 55% und für SUVs von 31 auf 50% in Bezug auf 1990. Denn die Alt-Fahrzeuge bleiben ja auf unseren Straßen. Im Jahr 2019 entfielen 97% der Treibhausgas-Emissionen aller Verkehrsmittel in Deutschland auf den Straßenverkehr. Ca 60% davon allein auf die Nutzung von PKWs. (Analyse des Expertenrates für Klima-Fragen)

Außerdem will die EU-Kommission bereits bis 2025 einen methodischen Instrumentenkasten erarbeiten. Der soll die Emissionen der betreffenden Fahrzeuge über deren gesamten Lebenszyklus messen können. Alle zwei Jahre ab 2025 will die Kommission einen Bericht veröffentlichen, der die Fortschritte hin zur Klimaneutralität des Straßenverkehrs bewertet.

Bei dem Beschluss bis 2035 gibt es kleinere Ausnahmen.

Keine E-Fuels  für PKWs und Klein-Transporter 

Der große Streitpunkt zwischen Grünen und Sozialdemokraten auf der einen und CDU plus FDP-Abgeordneten auf der anderen Seite war die Frage nach den E-Fuels. Sollen Motoren mit synthetischen Kraftzeugen, sog. E-Fuels nicht doch fahren können. Das sind ebenfalls Verbrenner, die allerdings im Unterschied zu den bisherigen Verbrennern wohl keine CO²-Emissionen ausstoßen. Dafür hatte sich die deutsche Bundesregierung nach einem Kompromiss der Ampel eingesetzt. Und so auch die EU-Umweltminister im Sommer 2022. Die Kommission soll diese Frage ggfs. weiter prüfen. Das sei jedoch nur eine „Erwägungsklausel“ und sei für die Kommission nicht verbindlich. Außerdem soll es nur  für eine Nutzung „außerhalb der Flottengrenzwerte“ Bedeutung haben.

2026 sollen die Ergebnisse des jetzigen Beschlusses nochmal auf den Prüfstand.

Nach bisherigem Diskussionsstand könnten E-Fuels ggfs. für große Fahrzeuge (LKWs, Busse etc.) wie auch ggfs. für Flugzeuge in Frage kommen. Die Wissenschaft erklärt E-Fuels für PKWs allerdings für zu ineffizient, da sie wesentlich mehr Strom zur Herstellung benötigen als Elektromotoren.

Planungssicherheit für die Automobil-Industrie und für Verbraucher

Die Befürworter des Verbrenner-Aus argumentieren, dass sich die Auto-Industrie bereits längst auf die E-Mobilität eingestellt habe und  Planungssicherheit brauche – und nun bekomme. Außerdem stelle der EU-Beschluss sicher, dass die Fertigung von Batterie-Zellen hier in Europa verblieben.

Gebrauchtfahrzeuge mit Diesel- oder Benzinantrieb werden also weiter fahren dürfen. Das sind derzeit in Deutschland ca. 46 Millionen. Allerdings werden die Stellschrauben zur Minimierung der Emissionen weiter angezogen werden. (s. oben: weitere Beschlüsse) Die Mineralölkonzerne müssen z.B.  jährlich mehr CO²-arme Kraftstoffe auf den Markt bringen.

Und die Politik soll u.a. durch eine Mobilitätswende die Voraussetzungen dafür schaffen. So soll der öffentliche Personennahverkehr mit vielfältigen Mitteln ausgebaut werden (u.a. 49 €-Ticket in Dtld).  Auch preisliche Maßnahmen wie die Erhöhung der Spritkosten durch Zertifikate oder Veränderungen der Autosteuer werden diskutiert, bzw. Anreize zur Anschaffung emissionsarmer Fahrzeuge.

„Anderthalb Minuten für den Klimaschutz“

Eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf Autobahnen und auf Landstraßen könnte enorme Mengen an CO²-Ausstoß verhindern. Das Bundesumweltamt hat im Januar 2023 eine 2019 in Auftrag gegebene umfangreiche Studie dazu veröffentlicht. Sie korrigiert damit selbst frühere Aussagen erheblich. Eine gleichzeitige Reduktion der erlaubten Geschwindigkeit auf 120 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen würde die Treibhaugasemissionen des Verkehrs um 5 % senken. Für Feinstaub  läge die Minderung sogar bei 7 % und bei Stickoxide bei beachtlichen 11%. Die gleichzeitige Begrenzung ist notwendig, um Umgehungsverkehre zu verhindern.

Der Verkehr ist der einzige Sektor, in dem in den vergangenen 20 Jahren überhaupt keine Treibhausgase eingespart worden sind. Da diese Maßnahmen aber nur 10% dessen ausmachen, was bis 2030 laut EU-Klimagesetz eingespart werden muss, wären die Tempolimits eine schnell wirkende Maßnahme – selbst wenn sie bei weitem nicht ausreicht.

Bisher darf auf gut der Hälfte der Autobahnstrecken in Deutschland schneller als 120 gefahren werden. Ein Co-Autor der Studie hat errechnet, dass die Auto-Fahrer und Fahrerinnen mit Tempolimit im Durchschnitt 41.5 Minuten im Auto sitzen würden statt derzeit 40 Minuten. Dies Ergebnis hat er auf die in der Überschrift gewählte griffige Formel gebracht.

Weitere EU-Gesetze für den Verkehrssektor

Kommission und Rat haben bereits ein Gesetz zum schnellen Ausbau der Infrastruktur für Ladesäulen für alle Verkehrsträger erarbeitet. Der Trilog-Verhandlungen laufen. Das Parlament fordert entlang der Hauptverkehrsstraßen alle 60 km alternative PKW- Tankstellen.

Da der EU die Notwendigkeit deutlicher Emissions-Reduktionen auf allen Gesetzgebungs-Ebenen bewusst ist, hat die Kommission weitere Arbeitsfelder in Angriff genommen. Als nächstes verfolgt sie die Reduktion der Emissionen der in Städten  fahrenden neuen Busse  ab 2030 sowie der fabrikneuen  Lastwagen ab 2040. Auch eine Verordnung über einen nachhaltigen Luftverkehr wird bereits verhandelt, sowie eine Verordnung über erneuerbare und CO2-arme Kraftstoffe im Seeverkehr.

Ergänzung: Nicht zu fassen!

Obwohl seit Monaten ein Kompromiss in Bezug auf die E-Fuels fertig verhandelt ist – und diesem auch der dt. Finanz-Minister Christian Lindner zugestimmt hat –  widerruft er nun für die FDP das Abstimmungsergebnis. Und der Bundeskanzler stellt sich hinter den Minister.  Da inzwischen auch Italien Probleme angemeldet hat und in deren Schlepptau auch Polen und Bulgarien, ist die Abstimmung im Rat erstmal auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Sogar der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Abgeordneten in der EU kommentierte «Die Bundesregierung präsentiert sich in Brüssel als Chaos-Truppe.» Und was sagt die Autoindustrie dazu? Der Audi-Chef warnte vor einer Abkehr von den getroffenen Beschlüssen und sagte: «Audi hat eine klare Entscheidung getroffen: Wir steigen 2033 aus dem Verbrenner aus, weil das batterie-elektrische Fahrzeug die effizienteste Methode für Individualmobilität ist.» Die EU sieht sich in der Zwickmühle zwischen angeblicher „Technologieoffenheit“ (FDP-Vokabular) und ihren selbst gesetzten klimapolitischen Zielen. Aber es gehe darum, „so schnell wie möglich“ eine Lösung zu finden, denn es gehe „auch um Planungssicherheit für die Automobilindustrie“, so von der Leyen beruhigend (newsletter, 6.3.23).

25.3.23 (tagesschau) Die Einigung lautet: Die Kommission solle bis Herbst 2023 einen sog. delegierten Rechtsakt (DG) vorschlagen. Das ist ein Text, der eine Regelung ergänzen soll. Das Gesetz als solches bleibt unverändert bestehen und wird nun verabschiedet. Ob die Kommission allerdings befugt ist, einen DG vorzulegen, zweifeln Parlamentsabgeordnete an. Darüber müsste ggfs. der EUGH entscheiden. Der Nachteil, den die FDP (und der Bundeskanzler) in Kauf nehmen: ein Reputationsschaden für Deutschland, vgl. dazu die internationale Presse.

Frühjahr 2025 nach der Europawahl von 2024

Nachdem Teile der Autoindustrie Sturm gegen das V-Aus gelaufen sind, besonders nach der Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Rechten, beginnt die EU-Kommission, mehrere Omnibusgesetze – angeblich zum Bürokratieabbau – vorzustellen.

Anstelle von Jahreszielen sollen die CO2-Vorgaben für die Automobilindustrie nun innerhalb eines Zeitrahmens von drei Jahren kontrolliert werden. Wenn die Flottenggrenzwerte 2035 nicht eingehalten werden, fallen nicht sofort Strafzahlungen an. So weit bisher bekannt, sollen  EU-Autohersteller  die europäischen CO2-Grenzwerte für maximal zwei Jahre überschreiten dürfen. In den nächsten beiden Jahren erhöhen sich dafür allerdings die Einsparziele. Die Änderung würde „mehr Spielraum für die Industrie“ bedeuten, während die Vorhersehbarkeit für die Hersteller, die bereits auf dem Weg sind, die jährlichen Ziele zu erreichen, erhalten bliebe.

Die Europäische Kommission hat am 1. April 2025 angekündigt, die Einhaltung der Flottengrenzwerte für Autohersteller von diesem Jahr auf das Jahr 2028 zu verschieben. Autohersteller sollen somit also drei Jahre mehr Zeit für die verpflichtende Einhaltung der Ziele haben.

Da die vorgeschlagene Erleichterung „nur Sinn macht, wenn sie schnell vereinbart wird“, so von der Leyen, werde die Kommission auch die Überprüfung der CO2-Ziele für 2035 beschleunigen. In diesem Zusammenhang will sie evtl. eine Lockerung der CO2-Grenzwerte für Neuwagen vorschlagen.

Die schwächeren Ziele „entlasten die Industrie vom Druck, günstigere Elektrofahrzeugmodelle auf den Markt zu bringen“, kritisiert die NGO T&E.

China, anders als behauptet

In Deutschland hört man bei Diskussionen über die Notwendigkeit, CO²-Emissionen einzusparen, oft das Argument: Wir haben doch nur zwei  % der Emissionen weltweit. Soll China doch erstmal anfangen, seine Emissionen zu reduzieren. Dieses Argument ist von großer Unkenntnis getrübt. Betrachten wir hier nur mal die Autobranche, also die E-Autos. „Das Land ist global der führende Produzent , staatliche Busse sind elektrifiziert, bald die Taxis, Städte schränken die Zulassung von Verbrennern ein.“ Also auch unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenzfähigkeit können wir uns ein Verzögern nicht leisten, zumal der Staatschef Klimapolitik in China  staatlich verordnen kann.

CO²-Einsparungen durch das Deutschlandticket 

Die Verkehrsministerkonferenz hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Außerdem gibt es bereits eine Meta-Studie, die viele Aufsätze und Meinungsäußerungen auswertet. Denn das Ticket, das den Staat Einiges an Geld kostet, ist deshalb umstritten. Und es gibt durchaus Stimmen, die es wieder abschaffen möchten. Die Metastudie nutzt sowohl Befragungsdaten, wie auch Beobachtungsdaten.

Eingeführt wurde das Ticket vor nicht einmal zwei Jahren, im Mai 2023. Die sehr gründliche Abwägung kommt zu dem Ergebnis, dass einerseits fast ein Drittel der Berufs-Pendler das Ticket nutzt, mehr diejenigen im Stadtrandverkehr als Pendler vom Land. Und dass etwa jeder zweite Besitzende des Deutschlandtickets  ein Berufspendler ist. Andererseits findet die Studie heraus, dass davon fast die Hälfte Verkehrsteilnehmer sind, die vorher mit dem Auto zur Arbeit gefahren sind. Auch den gesamtökonomischen Kosten geht die Studie auf den Grund und stellt fest: Es zeigt sich, dass die Kosten des Deutschlandtickets bei weitem durch dessen Nutzen überkompensiert werden.

Zusammengefasst lautet das Fazit: Die Untersuchungen „belegen, dass das Deutschlandticket zu einer Reduzierung des Autoverkehrs um bis zu 5 % geführt hat, verbunden mit entsprechend positiven Umweltwirkungen (z.B. Reduktion der CO2-Emissionen in einer Bandbreite von etwa 4 bis 6 Mio. t CO2 pro Jahr). Darüber hinaus kommt die Studie auf einen „wohlfahrtsökonomischen Nettogewinn von mindestens 3 Mrd. Euro in 2024“.