Natura 2000-Gebiete
Ein Netz von Schutzgebieten, das in allen Staaten ausgewiesen werden sollte, könnte helfen, gefährdete Arten zu schützen. Das ist die Aufgabe der Natura 2000 Gebiete. Sie wird auch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zum Schutz der Biodiversität genannt. Sie gilt bereits seit 1992. Die Frist zur Umsetzung lief 2014 ab.
Seit 2012, also 20 Jahre nach Inkrafttreten begann die EU Kommission, Deutschland um Berichte dazu zu bitten.
2019 stellte die EU-Kommission förmlich einen Verstoß Deutschlands fest
2020 hatte Deutschland dann zwar 4606 Gebiete ausgewiesen. Aber die Berichte reichten der Kommission erneut nicht. 2022 leitete sie deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die deutsche Regierung ein. Denn Deutschland habe nicht genug getan, alle schützenswerten Flächen angemessen zu deklarieren. Deutschland war verpflichtet, für alle diese Gebiete, sowohl Erhaltungsziele wie auch Erhaltungsmaßnahmen festzulegen.
Das bedeutet z.B. genügend zu unternehmen, um das Mähen von Wiesen naturschonend zu gestalten. Das galt und gilt sowohl für Wiesen im Flachland wie auch im Bergland. Naturschonend, das würde z.B. bedeuten, die Wiesen nur zweimal im Jahr zu mähen anstatt dreimal. Dann können Wiesenkräuter und -Blumen sich so entfalten, dass Insekten genügend Nahrung finden.
Die Kommission stellte jedoch fest: „Vor allem aufgrund nicht nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken haben sich diese Lebensraumtypen erheblich verkleinert oder sind ganz verschwunden“. Nun, im Sept. 2023 bestätigt das höchste Gericht Europas (EUGH) mehrere Verstöße.
Das detaillierte Urteil zeigt enorm viele Versäumnisse auf
Allein 88 Gebiete sind demnach nicht als besondere Schutzgebiete ausgewiesen. Für sie sind keine detaillierten Erhaltungsziele benannt worden. Für 737 Gebiete hat die Regierung nicht genügend Erhaltungsmaßnahmen festgelegt. In der Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt eine stark gefährdete Pflanze, die an den Ufern der Elbe wächst, vollkommen. Ein weiterer gravierender Kritikpunkt des höchsten europäischen Gerichtes:
Die deutsche Regierung hat ein früheres Gerichtsurteil nicht berücksichtigt
Das Urteil hatte Deutschland dazu aufgefordert, einen Unterschied zwischen „Naturschutz“ und „Wiederherstellung“ zu machen. Beide Bereiche bedürfen unterschiedliche Maßnahmen, so das Gericht. Aber Deutschland habe das in keiner Weise berücksichtig.
Die Bundesregierung hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Und das heißt: die eigenen Kosten und die des EUGHs. Sieht man sich die detaillierte Begründung des Urteils an, so bedurfte es vieler aufwendiger Nachprüfungen des Gerichts, um die Einzelheiten nachweisen zu können.
Jetzt muss Deutschland liefern, sonst könnten auch Strafzahlungen drohen.
Wie es der Natur in Deutschland heute geht
Das EUGH-Urteil macht deutlich: In den 30 Jahren der Gültigkeit der Habitat-Richtlinie hat sich die Biodiversität in Deutschland nicht verbessert. Im Gegenteil, sie hat sich massiv verschlechtert: „Nur 25 Prozent der Arten und 30 Prozent der Lebensraumtypen befinden sich derzeit in einem günstigen Erhaltungszustand“, sagt der Präsident des NABU, J.-A. Krüger.
Wie das passieren konnte? Eine Frau, die sich in der Arktis im roten Mantel als Klimakanzlerin präsentierte, war in Wirklichkeit eine Autokanzlerin. Die deutsche Wirtschaft, zuvörderst die Autoindustrie und das billige Öl aus Russland, sowie der weitere Autobahnbau standen im Mittelpunkt ihrer Politik.
23.3.2024 Erneutes Vertragsverletzungsverfahren
Die EU-Vogelschutzrichtlinie dient den Schutz von ca 500 wildlebenden Vogelarten in der EU. Die Kommission teilt nun mit: Deutschland hat die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz nicht genügend umgesetzt. Die Folge sei ein massiver Rückgang der Population, besonders von fünf Arten. Deutschland habe die entsprechenden Gebiete für deren Schutz nicht ausgewiesen. Und damit habe eine Vernetzung zwischen den verschiedenen Schutzgebieten nicht stattfinden können. Aber auch für 220 Gebiete von 742 Schutzgebieten seien noch keine ausreichenden Schutzmaßnahmen getroffen worden. Besonders das Gebiet Unterer Niederrhein in NRW sein so stark vernachlässigt, dass dort ein starker Rückgang der Populationen zu messen sei. Die wichtigste Frage ist, woran liegt das?
Konventionelle Landwirtschaft auch in Schutzgebieten
Die Schutzgebiete gehören zu den Natura 2000 Gebieten. Für sie gilt die FFH-Richtlinie (s.o.) Diese verbietet keine konventionelle Landwirtschaft. Diese jedoch arbeitet – verstärkt – mit Pestiziden. Das heißt, die Ackergifte wehen nicht nur in angrenzende Schutzgebiete hinüber, sondern betreffen Feldvögel direkt, also z.B. verstärkt die Lerche. Es ist nachgewiesen, dass Pestizide nicht nur die Bestäuber schädigen, sondern auch die Vögel direkt. Das Glyphosat-Verbot durch die EU z.B. ist nun schon im 3. Anlauf in der EU von der Tagesordnung gekippt worden. Die großen Bauernverbände, die besonders die großen konventionell arbeitenden Landwirte vertreten und die Chemieindustrie arbeiten da Hand in Hand.
Das weitere Verfahren
Deutschland hat jetzt zwei Monate Zeit, auf diese Vorwürfe zu reagieren. Tut es das nicht oder nicht ausreichend, kann die Kommission eine begründete Stellungnahme senden. Der nächste Schritt ist dann eine erneute (s.o.) Klage vor dem EUGH. Das alles berichten viele Medien übereinstimmend.