Die Klimaerwärmung hat dramatisch zugenommen

Dass 2023 ein besonders warmes Jahr war, konnten wir nicht nur fühlen. Sondern die vielen negativen Klimaereignisse haben das überdeutlich gezeigt. So z.B. lange Starkregen mit verheerenden Überflutungen und Schlammrutschen. Das passierte rund ums Mittelmeer. Aber auch Trockenheit im südamerikanischen Regenwald und nicht enden wollende Brände im Norden von Kanada oder auftauende Frostböden in Sibirien waren einige der Schlagzeilen. Die in Paris vor fast 10 Jahren 2015 festgelegte Grenze: maximal 1,5 Grad Erhöhung gegenüber der vorindustriellen Zeit haben wir nun 2023 durchschnittlich erstmals weltweit für ein ganzes Jahr gerissen. Das ist damit früher als befürchtet passiert. Der EU-Klimadienst Copernicus hat dies am 8.2.2024 bekannt gegeben.

Noch gehen Klimaforscher davon aus, dass die Erwärmung 2024 evtl. wieder etwas zurück gehen könnte. Denn El Niño, der warme Meeresstrom, der mit zu der Erwärmung beigetragen hat, wird sich 2024 wohl nicht mehr zusätzlich zu den menschengemachten Emissionen auswirken. So die Hoffnung.

Andererseits konstatiert der Klimaforscher Johan Rockström, dass die Dinge „sich schneller verändern als gedacht“ und dass „die Risiken und die Geschwindigkeit der Veränderungen…unterschätzt“ wurden. Die Meerestemperaturdaten haben 2023 „plötzlich einen Sprung“ und 2024 bereits schon wieder einen Sprung gemacht. Beide sind „mit unseren derzeitigen Klima- und Ozeanmodellen nicht gut erklärbar“. Und: „Vielleicht sehen wir derzeit die ersten Anzeichen dafür, dass die Kapazität (der Erde) zur Selbstregulation ausgereizt ist.“

Der Erdüberlastungstag kommt immer früher

Dieser Tag signalisiert, dass wir Menschen an dem Tag des Jahres bereits so viele Ressourcen verbraucht haben, wie die Erde im Schnitt innerhalb eines Jahres erneuern kann. 1976 hat eine UN-Kommission die nachhaltige Entwicklung – sustainable development – zum Leitbild des 21. Jahrhunderts erklärt. Aber wir Menschen bewegen uns immer weiter von den Zielen der Nachhaltigkeit weg. Am 10. Dez. 1972 lag der ökologische Fußabdruck des Menschen , der angibt, wann wir die von der Natur regenerierbaren Ressourcen aufgebraucht haben, am 10. Dezember. 2024 ist dieser Tag bereits am 5. Juni erreicht. In Deutschland liegt er dagegen schon auf dem 2. Mai.

Keine Abnahme der CO²-Emissionen in Sicht

Aber unsere CO²-Emissionen sind weltweit nach Überwindung der Corona-Zeit wieder auf das Vor-Corona-Niveau angestiegen. Und es ist nicht abzusehen, dass sie bald wieder nennenswert fallen werden.  Die Ölindustrie ist überall dabei,  neue Ölfelder zu entdecken und sich an deren Ausbeutung zu machen. »Trotz eines Rekordwachstums bei den Erneuerbaren hält sich der Anteil der fossilen Brennstoffe am weltweiten Energiebedarf hartnäckig bei 82 Prozent«, sagt Juliet Davenport, Präsidentin des Energy Institute. »Die Wende geht nicht schnell genug voran.«

Allerdings  sieht es nicht so aus, als würden z.B. die Wahlen in der EU im Juni 2024 erneut eine  klimafreundliche Mehrheit ergeben. Derzeitige Umfragen ergeben eine starke Umkehr der Mehrheit. Die würde zugunsten der drei Parteien rechts der Mitte auf ca. 350 Sitze ansteigen. Diese aber haben eine andere Agenda. Nur noch ca. 315 Sitze würden danach für die vier Parteien links der Mitte anfallen. Und das ist noch inkl. der Liberalen gerechnet, die in den vergangenen Jahren mehrfach zugunsten klimafreundlicher Gesetze abgestimmt hatten – nur zuletzt nicht mehr. U.a. sind wichtige Klimaprojekte des Green Deal der EU zuletzt- also schon in dieser Wahlperiode – von einer umschwenkenden Mehrheit im Parlament verhindert worden.

Überdies tragen allein die beiden großen Kriege -Russland gegen die Ukraine und der Krieg in Nahost (Gazastreifen) – zu enorm steigenden  klimaschädlichen Emissionen bei. Für die Ukraine gibt es nach 2 Jahren Krieg jetzt konkrete Angaben; s. kurz vor Ende des Artikels.

Wie sich die Erwärmung des Atlantiks auswirken wird

Forscher aus den Niederlanden konnten jetzt (2024) nachweisen, dass der Salztransport und damit die Menge der Salzkonzentration im Atlantik  darüber entscheiden kann, wie stark und wie schnell dieser große Ozean seine Temperaturen verändern könnte. Denn es gibt eine Korrelation zwischen der Zunahme von Süßwasser und der Abnahme des Salzgehaltes. Durch das Abschmelzen des Eises von Grönland und vom Nordpol erniedrigt sich der Salzgehalt im Atlantik. Das schwere Salz sinkt bisher im Norden des Ozeans in die Tiefe. Das führt dazu, dass dieses salzhaltige Wasser in den Süden transportiert wird. Dafür verlagert dann der Golfstrom wärmeres Wasser in den Norden. Und dieses ist maßgeblich für unser angenehmes Klima in Mittel- und Nordeuropa zuständig. Bleibt diese Wechselwirkung aus, wird das enormen Einfluss auf Europa und auch auf die anderen Kontinente rund um den Atlantik haben.

Bisher ist es nicht möglich, zu berechnen, wann der Effekt der zunehmenden Entsalzung so groß sein wird, dass die notwendige Umwälzung nicht mehr ausreichen wird. Aber die Forscher fürchten, dass der Kipppunkt zum Zusammenbruch der Zirkulation überraschend und bald kommen könnte. Sie schätzen, dass die Temperatur in Europa daraufhin innerhalb eines Jahrhunderts um 30 Grad abfallen könnte. Unser Kontinent würde damit unbewohnbar! Menschen könnten sich nicht in der notwendigen Geschwindigkeit an solch eisige Temperaturen anpassen.

Die Kipppunkte

2008 sind sie erforscht und erstmals benannt worden. Als eine kritische Schwelle haben die Forscher sie erkannt. Demnach kann eine winzige Störung den Zustand oder die weitere Entwicklung qualitativ verändern. Die Punkte bedeuten auch, dass die negative Entwicklung nicht mehr aufhaltbar sein könnte.

Fünf der inzwischen neun oder zehn definierten Kipppunkte (manche sprechen auch von 16) sind mittlerweile in riskante Nähe der 1,5 Grad Erwärmung gerückt. Der Kollaps des Golfstroms ist einer davon. Das abrupte Schmelzen des Meereises in der Barentsee nördlich von Russland und das komplette Abschmelzen unserer alpinen Gletscher gehören dazu. Außerdem ist das Absterben der (Nadelwälder) und die Ausdehnung des Waldsterbens in den Norden von Nordamerika höchst problematisch – zumal die Hitzeperioden und die Waldbrände dort jedes Jahr größere Ausmaße annehmen. Aber auch die übrigen fünf Kippunkte könnten bereits bei einer dauerhaften Überschreitung der 1,5 Grad weltweiten Erwärmung schnell erreicht sein.

Deshalb sind die von der EU vorgesehenen Klimagesetze des Green Deal so ungeheuer wichtig. Die Hoffnung ist überdies, dass andere Kontinente davon beeinflusst werden. Nur wenn die USA und auch China die Notwendigkeit zum Umsteuern erkennen und mitmachen, kann die Beschleunigung der absehbaren Katastrophen noch aufgehalten werden.

Was Rettung aus der Not bedeuten könnte

Zweifellos ist,  dass unsere CO²-Emissionen einen erheblichen Einfluss auf die derzeitige Klimaerwärmung haben. Denn diese ist für das Abschmelzen des Eises verantwortlich und damit in Folge für die Erhöhung des Süßwasseranteils des Meereswasser. Und bei dieser Betrachtung bleibt noch ganz außenvor, dass auch das Eis der Antarktis neuerdings in beunruhigend großem Ausmaß schmilzt.

Nach den bisherigen Berechnungen liegen die weltweiten CO²-Emissionen für 2022 über 37 Mrd. Tonnen. Zwar hat sich der Anstieg in den letzten Jahren verlangsamt. Aber geschätzt wird, dass sie 2050 bei knapp 48 Mrd. Tonnen liegen, also weltweit noch nicht absolut zurückgegangen sein werden.

Geht man vom pro Kopf-Verbrauch aus, so ist dieser in den westlichen Industrie-Staaten zwar weiter (s. Link o.) deutlich gefallen. Während er in Katar bei 38 Tonnen pro Jahr liegt, so sind es in den USA derzeit ≈15 Tonnen und in Deutschland ähnlich wie in China rund 8 Tonnen pro Person. Am niedrigsten liegt er in Indien mit 1,2 Tonnen pro Einwohner und Jahr. Allerdings leben dort die meisten Menschen.

Aber das heißt, die von der EU ausgegebenen Zielmarke der Senkung des Ausstoßes von CO² auf ein klimaneutrales Niveau 2050 muss dringend weiter verfolgt werden. In der westlichen Welt würde das wohl ungefähr drei Tonnen pro Person und Jahr bedeuten. Mit all den EU-weit geplanten Maßnahmen erscheint das machbar, wenn deren Umsetzung ambitioniert weiter geht.

Das Konzept der Planetary Commons

Johan Rockström hat zusammen mit anderen Klimaforschern das Konzept der planetaren Gemeinschaftsgüter vorgeschlagen. Für diese für das Klima der Welt wichtigen Güter haben sie eine gemeinsame Verantwortung der gesamten Welt vorgeschlagen. Die Zuständigkeit für den Erhalt verbliebe vor Ort. Aber der jeweilige Staat erhielte Zuschüsse und Kompensationen, um den Zustand des Systems intakt zu halten. Eine Art globale Kontrollbehörde für die Überwachung wäre dafür erforderlich. Auch Gremien, die solche klimatischen Maßstäbe aufstellen, wären erforderlich. Denn es benötige globale Budgets für Kohlendioxid, Stickstoff oder Phosphor etc. und Regeln für eine gerechte Verteilung.

Zu solchen Gebieten würden z.B. der Amazonas-Regenwald, die Permafrostböden, die atlantische Meeresströmung u.a. von Kipppunkten bedrohte Regionen gehören.