Die EU Lastenverteilungsordnung (ESR) verlangt Erreichung von Klimazielen

Deutschland steht schlecht da, was die von der EU für alle Mitgliedsländer festgelegten Einsparziele von klimaschädlichen Emissionen anbelangt. Diese hat die EU in der Effort Sharing Regulation (ESR) bis 2030 festgelegt. Insgesamt sollen die Emissionen bis dahin um 40% bezogen auf 2005 reduziert sein. Die Staaten sind verpflichtet, ihre Pläne für die Sektoren, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall und Kleinindustrie bis Juni 2024 vorzulegen.

Auf Basis der eingereichten Pläne hat jetzt ein Institut die Reduktion in den einzelnen Ländern analysiert. Das Ergebnis lautet: Wenn vor allem Deutschland, aber auch Italien nicht gewaltige zusätzliche Sofortmaßnahmen beschließen, werden sie die ganze EU vom erwarteten Ziel weit entfernen. Zwar sind auch noch zehn weitere Staaten nicht auf Kurs, so dass die EU insgesamt ihr Ziel um 4.5% Punkte verfehlen wird. Aber im Verhältnis zu den anderen Ländern ist das Defizit der beiden großen Nachzügler erdrückend.

Ohne hier ins Detail zu gehen, wäre die Folge für beide Staaten Zahlungen von 16.2 Milliarden Euro für Deutschland bzw. 15.5 Mrd. für Italien. Der Steuerzahler müsste dafür aufkommen.

Deutschland subventioniert CO²-Ausstoß immer noch

Es ist die erhebliche Summe von 65,4 Milliarden Euro, mit denen der deutsche Finanzminister weiterhin bestimmte Sektoren begünstigt. Diese Summe haben die Autoren einer Studie der Bertelsmann-Stiftung vom Nov. 2023 berechnet. Dabei geht es um Vergünstigungen in vier Sektoren. Fielen alle diese steuerlichen Boni weg, hätte der Staat also gut 65 Mrd. Einnahmen mehr, so die Argumentation. Und er würde nicht länger einen hohen CO²-Ausstoß begünstigen, sondern diesen evtl. sogar vermindern helfen. Allerdings wohl nicht, wenn er nicht mit weiteren Maßnahmen helfen würde, den zu vermeiden. Bei Punkt vier z.B. mit mehr ÖPNV, bei Punkt drei mit mehr, aber pünktlichen  Schnellzügen usw. Aber für solche Investitionen stünde dann ja auch mehr Geld zur Verfügung.
1. Das sog. Dieselprivileg

Das bekannteste ist das sog. Dieselprivileg. Schon vor vielen Jahrzehnten wurde es den Bauern zugesprochen für ihre landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Auf den Agrar-Diesel im Tank zahlen sie einen reduzierten Steuersatz. Der Städter wunderte sich nur, weshalb Bauern – denen es doch offenbar nicht gut ging – alle ausnahmslos privat einen Mercedes fuhren.

Der Versuch dieser Bundesregierung, dieses Privileg abzuschaffen, führte u.a. zu den ausgedehnten Bauernprotesten im Winter 2023/24. Und wieder wunderte sich der normale Bürger. Diesmal darüber, mit was für riesigen Traktoren die „armen“ Bauern die vielen Kilometer (mit dem billigen Diesel) bis nach Berlin fuhren, um wochenlang gegen die Abschaffung des Privilegs für diese Fahrzeuge zu protestieren.

Die kilometerlangen Kolonnen verfehlten nicht die geplante Einschüchterung. Die Abschaffung wurde danach auf drei Jahre gestreckt. Die Befreiung von der KFZ-Steuer für diese Fahrzeuge jedoch bleibt. Der Bundesrat hat den Haushalt im März 2024 so bestätigt.

Wer sich allerdings über die Riesen-Traktoren wunderte und darüber nachdachte, musste zu dem Schluss kommen, dass hier nicht die Ökobauern demonstrierten. Es waren wohl vor allem die Großagrarier, die jahrelang aus Brüssel enorme Flächenprämien bezogen haben. Deren Einkommen sollen (zusammen mit den Subventionen aus Brüssel) über 100.000 € jährlich liegen.

2. Das Dienstwagenprivileg

Auch hier geht es um steuerliche Vorteile für den Fahrer des Wagens, der für Dienstfahrten zur Verfügung gestellt wird. Meist sind es leitende Angestellte eines Unternehmens. Aber auch Selbständige können ihren Wagen als Dienstwagen bei der Steuer einstufen lassen, wenn sie damit öfter mal dienstlich unterwegs sind. Für private Fahrten darf das Fahrzeug in beiden Fällen auch genutzt werden – (es sei denn, das Unternehmen verbietet es).  Gegenüber dem Staat muss ein sog. geldwerter Vorteil in der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Der führt zu einer leicht erhöhten Einkommenssteuer, aber begünstigt den Fahrer bzw. Besitzer des Wagens im Verhältnis zu anderen Autofahrern. Es heißt: rund zwei Drittel aller Neuzulassungen in Deutschland seien Dienstwagen.

3.Inlandsflüge ohne Kerosinsteuer

Bisher ist der Inlandsluftverkehr in der Bundesrepublik von der Energiesteuer befreit. Die derzeitige Dreierkoalition hatte sich anfangs darauf verständigt, diese Befreiung aufzuheben, Bisher hat sie den Plan aber nicht in die Tat umgesetzt. Das Ziel scheint auch aufgegeben zu sein – evtl. zugunsten einer Ticketsteuer.

4. Die Pendlerpauschale

Der Nahverkehr  ist bislang in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich stark ausgebaut. Deshalb können Arbeitnehmer*innen bisher die vom Wohnsitz bis zur Arbeitsstätte zurück zu legenden Kilometer ab einer bestimmten Entfernung in der Steuererklärung geltend machen. Sie erhalten dafür eine Steuerreduktion.

Da die Studie noch ziemlich neu ist, bleibt abzuwarten, ob für den Haushalt 2025 – oder den Nachtragshaushalt 2024 – in einem dieser vier Bereiche (weitere) finanzielle Einsparungen durch die Koalitionäre zu erwarten sind.

Die CO²-Emissionen, die in diesen Bereichen entstehen und potentiell eingespart werden könnten, werden in einem Gutachten des  Wirtschaftsministeriums, das im Sommer 2024 veröffentlicht wird, auf 50 Millionen Tonnen bis 2030 berechnet.

Weitere CO²-Einsparpotentiale

Die größte und besonders notwendige Einsparmöglichkeit ergibt sich im Verkehrssektor. Ein Tempolimit für PKW von 130 km/h würde – ohne jegliche zusätzliche Kosten die Emissionen um fast 2 Millionen Tonnen pro Jahr senken. Nach Angaben des Umweltbundesamtes könnte eine Absenkung auf 120 km/h den Treibhausgasausstoß um 4.2 % senken und damit sogar um 6,7 Millionen Tonnen. In ganz Europa gelten generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen, auch in den USA. Deutschland aber produziert mit Mercedes, Audi und Porsche Wagen, deren Fahrer die Geschwindigkeit lieben. Derzeit haben sie alle zwei FDP-Minister, die nicht bereit sind, ihrer Klientel etwas abzuverlangen.

Im Gebäudesektor sind Einsparungen sehr viel schwieriger und kostenträchtiger umzusetzen. Selbst für Neubauten erwiesen sich die Vorgaben in Zeiten plötzlich massiv steigender Zinsen als schwierig, zumal viel Wohnraum fehlt und viel gebaut werden sollte. Bei Altbauten ist jede Sanierung aufwendig, kosten- und zeitintensiv. Also müsste der Staat mit seinem Gebäudebestand vorangehen. Bei klammen Kassen ist aber auch das nicht einfach.

Die Landwirtschaft hat mit den großen und massiven Traktorprotesten gezeigt, wo der Sinn der großen Agrarbetriebe steht und wie schwer der Staat es da mit Vorgaben und Einsparzielen hat. Selbst das Ziel der Renaturierung bestimmter Flächen – wie z.B. der Anbau in Paludi-Kultur – wird und kann auch nur begrenzt genutzt werden.

Beim Abfall wird in Zukunft möglicherweise zukünftig viel eingespart werden können. Denn das von der EU verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz hat dafür viele gute Ansätze. Aber, es wird dauern bis die Ziele so umgesetzt sind, dass nachhaltige Produkte die Wegwerfgesellschaft verändert haben.