Strategie zum Schutz der Wälder in der Welt

Das EU Parlament fordert schon seit längerem,  die EU müsse endlich eine Strategie zum Schutz der Wälder in der Welt entwickeln. Es hat dazu mehrere Forderungen aufgestellt.

Denn 1. wird in der Diskussion zum Klimawandel immer deutlicher: die Wälder – und ganz besonders die Primär- und Altwälder sind die größten CO²-Speicher überhaupt und darüber hinaus wahre Alleskönner. (s. hier auch den Gastbeitrag von Anna Deparnay-Grunenberg) Die Wälder sind große Hüter der Biodiversität. Sie helfen, heiße Temperaturen im Sommer erträglicher zu machen. Das        gilt auch für Städte. Wenn Städte ausreichend große Waldflächen innerhalb oder außerhalb der Bebauung haben, hilft das die Temperatur ein wenig zu senken. Gleichzeitig tragen Wälder zur besseren Luftqualität bei, indem sie Einiges von der Luftverschmutzung absorbieren. Und schließlich sind besonders Urwälder oft die letzten Rückzugsgebiete für die wenigen indigenen Bevölkerungsgruppen der Welt.

Die „importierte Entwaldung“

Und 2. ist die EU  an der großflächigen Zerstörung großer Waldflächen in anderen Kontinenten keineswegs unschuldig. Denn wir importieren in großem Stil Hölzer und Lebensmittel. Für Beides werden wertvolle Waldflächen, abgeholzt, verbrannt oder gerodet. Europa ist der zweitgrößte Importeur von Produkten, die dort vor Ort, wo sie angepflanzt oder hergestellt werden,  den Wald zerstören. 36% der global gehandelten Rohstoffe, für die Tropenwald gefällt wird, geht in die EU. Vor Ort, das sind vor allem Südamerika und Südostasien. Seit 1990 ist eine Fläche größer als Südafrika verloren gegangen.

Die Vernichtung von Wäldern, aber auch von Graslandökosystemen und Savannenwäldern geschieht mit der Absicht, auf den riesigen Flächen in Zukunft Landwirtschaft zu betreiben. Einerseits entsteht Grasland für die Rinderzucht, andererseits pflanzen die Farmer  Soja bzw. Mais  oder Kaffee- bzw. Kakaoplantagen. Fast alle Produkte der entwaldeten Flächen dienen dazu, den Fleisch- oder Genusshunger in Europa oder China zu stillen. Deshalb muss aus europäischer Sicht von einer „importierten Entwaldung“ gesprochen werden.

Europäische Bürgerbewegung zum Schutz der Wälder der Welt

Schon vor einem Jahr hatten mehr als 1 Million Europäer*innen mit der Kampagne #Together for Forests strenge Auflagen von der EU gefordert. So sollten auch die Vernichtung weiterer Ökosysteme, wie Feuchtgebiete oder Savannen per Gesetz verboten werden und auch Menschenrechts-Verletzungen.

Und die EU hatte sich schon früher verpflichtet, bis 2020 die globale Waldzerstörung zu stoppen (im Rahmen der UN-Ziele, Sustainable Development Goals). In Glasgow heißt es nun in einer Übereinkunft von 100 Staaten: bis 2030.

Das Europa-Parlament fordert wegen der zunehmenden Waldzerstörung schon seit Okt. 2020 ein Lieferketten-Gesetz. MdEP Sven Giegold formuliert prägnant:

„Die Verantwortung Europas für Lieferketten beginnt in den Wäldern rund um die Welt.“

Nun hat die EU – Kommission einen Gesetzentwurf gegen globale Entwaldung vorgelegt.

Ein entwaldungsfreies Lieferkettengesetz soll Abhilfe schaffen

In Zukunft soll verboten sein der Import von: Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz sowie verwandte Produkte wie Leder, wenn sie eine Verbindung  mit Abholzung und Waldzerstörung haben. Die Hersteller müssen Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferkette wahrnehmen und Maßnahmen ergreifen, um Entwaldung zu verhindern.

Der Gesetzentwurf sieht nicht – wie von der Bürgerbewegung und der Fraktion der Grünen gefordert – auch den Schutz der Moore und Savannen vor. Das Europäische Parlament wird daher versuchen, seine weitergehenden Forderungen in den Gesetzentwurf hinein zu bekommen.

Quellen: Newsletter von MdEP Sven Giegold; WWF,  ORO VERDE, 14.12.2020: Mehr als eine Million fordern EU-Gesetz gegen Waldzerstörung;  Plenarsitzung, EU-Parlament;

Ergänzung vom Dez. 2022

Der Entwurf ist nach Einigung aller drei Gremien als EU-Verordnung vom Rat verabschiedet worden, d.h. er gilt nach in Kraft treten unmittelbar in allen EU-Staaten. Das ist ein großer Schritt nach vorn. Zwar ist es nicht gelungen, die weitergehenden Forderungen in das Gesetz mit aufzunehmen. Aber dafür wird die Zivilgesellschaft weiter kämpfen, denn nach der unter Schutz-Stellung der Wälder, wird der Druck zur Ausbeutung der anderen Flächen umso größer.

April 2023

Das EU-Parlament hat nun dem „Abholzungs-Gesetz“ mit breitester Mehrheit zugestimmt. Das gilt als historisch. Die EU-Unternehmen müssen ihre Lieferketten bezogen auf die oben genannten Waren zurück verfolgen können. Sie müssen dazu eine Sorgfaltserklärung abgeben. In dieser muss der Importeur sogar die Parzellen angeben, auf denen die Waren produziert wurden. Außerdem müssen die Produkte den einschlägigen Rechtsvorschriften des Produktionslandes entsprechen, einschließlich der Achtung der Rechte der in dem Gebiet lebenden indigenen Völker.

Die EU-Länder haben eine spezielle Behörde zur Überprüfung der Berichte einzurichten. In den Ländern, aus denen importiert wird, müssen die Unternehmen einen Beauftragten benennen, der für die Zertifizierung zuständig ist. Verschiedene Mechanismen zur Durchsetzung der Regeln stehen zur Verfügung bis hin zur Sperrung des Zugangs zum EU-Markt.

Drei Revisionsklauseln sind eingebaut

Die erste greift ein Jahr nach Inkrafttreten. Die Kommission hat dann den Prüfauftrag, ob eine Ausweitung der Regeln stattfinden soll. Und zwar wie vom Parlament und den Umweltverbänden gefordert auf andere bewaldete Flächen. Nach einem weiteren Jahr soll die EU prüfen, ob auch Grasland, Torf- und Feuchtgebiete geschützt werden sollen. Nach fünf Jahren ist eine weitere Überprüfung angesetzt.

In Kraft tritt das Gesetz allerdings  erst, wenn nochmal der Rat zugestimmt hat.

Erste Staaten beklagen sich allerdings schon jetzt über Benachteiligung ihrer Kleinbauern durch das Gesetz. Sie verlangen finanzielle Entschädigungen für diese aufgrund eines angeblichen bürokratischen Mehraufwandes. Laut EU trifft dieser jedoch nicht auf diese Klientel zu. Dafür seinen die „Marktteilnehmer“ verantwortlich, die die Produkte auf den Markt bringen.

29.6.2023 Die Verordnung ist jetzt in Kraft getreten und ab 30.12.2024 anzuwenden

Es gilt ab jetzt für große und für mittlere Unternehmen 18 Monate später. Kleine und kleinste Unternehmen unterliegen den Auflagen erst nach 24 Monaten. In der Pressemitteilung der Kommission heißt es: Sie erlegt allen betroffenen Unternehmen eine Sorgfaltspflicht auf, wenn sie die oben (unter Lieferkettengesetz) genannten Waren in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen. Dazu gehören auch aus den Produkten hergestellte Waren wie Schokolade oder Möbel.

Die EU hat außerdem die LULUCF-Verordnung(Land Use, Land Use Change and Forestry) verabschiedet. Sie regelt, wie viel CO2 von Wäldern, Feuchtgebieten und landwirtschaftlichen Flächen bis 2030 gespeichert werden soll, bzw. bis 2050, wenn die Klimaneutralität erreicht sein soll. Da die EU keine gemeinsame Forstpolitik hat, nahm sie im Jahr 2021 eine neue EU-Waldstrategie für 2030 an. Danach soll der Wald nicht mehr nur Holz- und Energielieferant sein, sondern auch der Natur dienen. So müssen 10% der Wälder unter strengen Naturschutz gestellt werden. Und es sollen 3 Milliarden Bäume gepflanzt werden.

13.9.2023 Der illegale Holzeinschlag in Rumäniens Wäldern geht ungebremst weiter

Eine Delegation aus Mitgliedern des EU-Parlaments schreibt nach ihrem Besuch vor Ort: Der illegale Holzeinschlag „bedroht die letzten Urwälder in Europa und wird durch das Geld ausländischer Unternehmen sowie durch Korruption und organisierte Kriminalität angetrieben“. Das im Februar 2020 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren hat bisher offenbar keinerlei Wirkung gezeigt. Unterschiedliche Zahlen und widersprüchliche Daten der rumänischen Behörden vermitteln den Eindruck, es seien nur 0,15 % des Holzes illegal geschlagen worden. Mehrere NGOs dagegen  weisen in einem gemeinsamen Brandbrief auf ihre Schätzung hin. Sie lautet 80%.