Trilog zur Wiederherstellung aller Ökosysteme bringt doch Schritt nach vorn
Am 10. November 2023 haben die Verhandlungen der drei Gremien (Trilog) in einem der wichtigsten Punkte einen besseren Kompromiss gefunden, als die desaströse Abstimmung im Umweltausschuss des EU-Parlaments erwarten ließ. Die Beschränkung der Renaturierungs-Maßnahmen auf die Natura 2000-Gebiete ist gefallen.
Die Verordnung enthält nun doch Vorgaben zur Wiederherstellung aller Ökosysteme – also der Wälder, der Meere, sowie der Moore und Flussauen. Und der Kompromiss sieht erfreulicherweise konkrete Möglichkeiten vor auch für die Verbesserung der Natur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Solche werden sogar für die Wiedervernässung von Mooren vorgesehen. Dies sind die wichtigsten Punkte oder Gebiete, auf denen die Wiederherstellung dazu beitragen wird, CO²-Emissionen einzusparen.
Warum es für das Europäische Wiederherstellungsgesetz 5 Minuten vor 12 ist
Die wissenschaftliche Fachzeitschrift PNAS hat im Mai 2023 eine bestürzende Studie veröffentlicht. Sie informiert darüber, dass in den letzten 40 Jahren jährlich 20 Millionen Vögel in Europa verschwunden sind. Größere Auswirkungen auf uns Menschen und unsere Nahrung hat jedoch eine der Hauptursachen für das Vogelsterben. Und das ist das Verschwinden von 70 bis 80% der Insektenpopulationen. Das heißt vor allem, verschwunden sind auch die Bestäuber aus Gebieten, wo wir auf sie angewiesen sind.
International ist die EU spät dran. 80 % der natürlichen Lebensräume in Europa sind bereits in einem schlechten Zustand oder sogar zerstört. Auf der UN-Konferenz von Montreal zur Biodiversität hatten die Staaten deshalb bereits 2022 vereinbart, 30% der Flächen bis 2030 weltweit wieder herzustellen.
Die EU-Landwirtschaft
Der EU-Bauernverband hat von Anfang an massiv Stimmung gegen das Gesetz gemacht, auch mit Fake News. Das Gesetz sieht nun keine Verpflichtungen für Landwirte mehr vor, Flächen stillzulegen. Auch werde kein Landwirt gezwungen, wenn er auf Moorflächen wirtschaftet, diese wieder zu vernässen, so die EVP-Abgeordnete der EU Christine Schneider in der ARD am 10.11.2023 um 20°°. Damit werde die viel beschworene „Nahrungssicherheit“ gewährleistet. Im Gesetz ging es allerdings von vornherein um Anreize, nicht um Zwang!
Und ein Monitoring bzw. eine Berichterstattung über den Zustand der Natur ist statt nach drei Jahren nun nur noch nach sechs Jahren vorgesehen. Und das, obwohl die Natur „unsere Versicherung für unser zukünftiges Leben“ (Guy Pe’er) ist.
Mit der deutschen Landwirtschaft ergeben sich große Konflikte. Denn die Hälfte der Landesfläche ist Agrarland. Und das Geld aus Brüssel aus dem Agrartopf ist n i c h t für solche Ausgaben vorgesehen. Überdies erlaubt die von Christine Schneider in das Gesetz hineinverhandelte Klausel von der Nahrungssicherheit – ohne konkrete Definition – Bauern, Umweltvorgaben zu ignorieren, falls diese „bedroht“ sein sollte.
EU bei Lebensmitteln Exportchampion
Der Agrar-Handelsüberschuss der Europäischen Union ist der zweitgrößte der Welt, weiß EU-Kommissionssprecher Olof Gill (19.6.2024). Denn die EU protegiert die heimischen Märkte und subventioniert Exporte, erklärt ein Experte.
Die Situation in Deutschland
Ein Ziel des Gesetzes zur Rettung der Natur in Deutschland ist es, vor allem die vorhandenen Naturschutzgebiete in einen besseren Zustand zu bringen. In diesen Gebieten findet auf 40 % eine landwirtschaftliche Nutzung statt. 55% der FFH-Grünland-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat) sind derzeit in einem schlechten Zustand. Nur 10% befinden sich in einem guten Zustand, so eine Analyse des Bundesumweltamtes. Die FFH-Richtlinie von 1992 enthielt allerdings bereits ein Verschlechterungsverbot. Der Staat hätte also für besseren Schutz sorgen müssen. Er hat wegen seiner Versäumnisse mehrere Vertragsverletzungsverfahren erhalten.
Was Wälder anbelangt, so gibt es in Deutschland kaum noch Wälder, die sich natürlich entwickeln. Aus Sicht des Naturschutzes sind fast alle Wälder Forsten, also bewirtschaftet. In einem Wald würden sich die Bäume selbst verpflanzen und vermehren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Wild ausreichend bejagt wird und nicht die jungen Triebe abfrisst.
Die gute Nachricht: Deutschland hat bereits 4,5 Mrd. Euro für ein „Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz“ für Bund und Länder gemeinsam eingestellt. Und „es wird bereits jetzt sehr sehr gut angenommen“, also Anträge werden gestellt, so MdB Dr. Jan-Niclas Gesenhues im Webinar Europe calling am 10.11.2023. (Seit 2/ 2024Parlam. Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Naturschutz…) s. auch nochmal hier unten.
Die Zukunft des Gesetzes
Der Text muss nach dem Trilog wieder in den Umweltausschuss und auch nochmal durch den Rat der Staaten. Erst dann kann erneut das EU-Parlament das Gesetz (endgültig) verabschieden. Danach -etwa im März 2024- muss nochmal der Umwelt-Ministerrat sein Plazet geben.
Jeder EU-Staat muss daraufhin jeweils für sein Land einen Wiederherstellungsplan erarbeiten. Das sollen die Verwaltungen mit den jeweils Betroffenen ausarbeiten. Dieser Plan wird dann der Kommission vorgelegt. Insofern ist die Verordnung eher wie eine Richtlinie. Denn die Unterschiede in den Staaten sind zu groß, als dass eine Wiederherstellung durch einen zentralen Plan geregelt werden könnte. In Deutschland z.B. müssen dann nach dem Kommissionsvotum die Bundes-Länder die Maßnahmen aus dem Plan umsetzen.
29.11.2023: Der EU-Umweltausschuss verabschiedet das Gesetz nach dem Trilog mit 53 zu 28 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Nachdem die 1. Abstimmung im EU-Parlament am 12. Juli um ein Haar gescheitert wäre, scheint es in der jetzigen stark abgeschwächten Form immerhin doch die Chance zu haben, auch noch durch die Schlussabstimmung zu kommen.
27.2.2024 Verabschiedung der Verordnung im EU-Parlament
Mit relativ soliden 54 Stimmen hat das EU-Parlament die versuchte Total-Blockade der EVP von Manfred Weber überwunden. Obwohl die Unterhändler den Konservativen in praktisch allen Punkten entgegen gekommen sind, haben diese trotzdem versucht, das Gesetz weiterhin (in einer Allianz mit den Stimmen der rechten Parteien !) zu verhindern.
Aber in der Schlussabstimmung des Parlaments hat sich ein Teil – von der französischen Macron-Fraktion (Renew) sowie Teile der EVP, wie z.B. die griechischen und die isländischen Vertreter*innen – der von M. Weber vorgegebenen Linie verweigert! Diese erst später entwickelte Linie war ganz von der Agrarlobby, der Agrarindustrielobby und der Agrochemielobby beeinflusst. In deren Aufsichtsräten sitzen viele Bauernfunktionäre, die z.T. selbst keine Höfe mehr bewirtschaften.
Deren Scheitern ist ein wichtiger – aber bitter – erkämpfter Sieg von über 1 Million Unterstützer*innen aus der europäischen Bevölkerung. Auch 6000 Wissenschaftler*innen und an die 200 Umweltverbände haben sich hinter die zähe Verhandlungsführerin der Grünen, Jutta Paulus gestellt. (Webinare vom 26. und 28.2.2024)
Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur
Bis 2030 sollen die europäischen Staaten nun 20% statt 30% verschiedenster Flächen wiederherstellen. Sollen heißt es hier in diesem Text bewusst. Denn der vorgesehene Ansatz dazu ist in den Kompromissen mit der EVP so heruntergestuft worden, dass alles nur noch Maßnahmen-orientiert ist. Vorgesehen von der Kommission war ein Ergebnis-orientierter Ansatz.
Für alle Gebiete, in denen Renaturierungs-Maßnahmen vorgesehen sind, ist der Begriff Nachhaltigkeit ein Kernbegriff. Ein weiterer Begriff, der für viele Gebiete anwendbar sein soll, ist Standort-typisch. Das bedeutet auch, dass Pflanzen, die wegen des Klimawandels nicht mehr gedeihen, nunmehr durch sich besser anpassende Pflanzen (vor allem Bäume) ersetzt werden sollten. Wenn das gelingt, hat das Gesetz nicht nur für die Artenvielfalt, d.h. die Biodiversität, sondern auch für das Klima positive Effekte.
Ein ökonomisches Beispiel: Die Natur mit ihren Bestäubern liefert uns einen Ertrag von 150 Mrd. € pro Jahr. Ist die Natur nicht mehr in der Lage, diesen Dienst zu leisten, würde das die Landwirtschaft und damit uns alle 600 Mrd. € pro Jahr kosten. (so Prof. Joseph Settele aus Halle an der Saale) Und dazu noch diese Info: 70% unserer Medikamente basieren auf Naturpflanzen. (Webinar v. J. Paulus, 4.4.24)
Städte und Felder
In Städten kann man versiegelte Flächen, z.B. in Gewerbegebieten brachliegende frühere Fabrikflächen, entsiegeln. Durch urbane Ökosysteme können sie dann begrünt und belebt werden. Auch bestimmte Dachflächen eignen sich zur Begrünung. Die Verwaltungen sind gehalten, darauf zu achten, dass der Bestand an Baumkronen – übers Land verteilt – in den Kommunen nicht abnimmt. Beides kann zur Kühlung direkt in den Städten beitragen.
Auch die Wiederanpflanzung von Hecken zwischen Feldern ist ökologisch wertvoll und trägt zur Artenvielfalt und ggfs. zur Vernetzung zwischen verschiedenen Biotopen bei. Etwa alle sechs bis acht Jahre werden jeweils Teile dieser auch Knicks genannten Feldhecken im Winter „auf den Stock gesetzt“, d.h. auf 10-20 cm runter geschnitten. Auch wechselnde Fruchtfolgen können der Natur helfen, sich zu erholen, wenn auch das Spritzen reduziert wird. Randstreifen und stillgelegte Flächen, die weniger ertragreich sind, helfen längerfristig ebenfalls. Weiden sollen nur noch zweimal statt dreimal gemäht werden.
Das Bestäuben
Was Hoffnung macht, ist, dass Insekten eine „kurze Reaktionszeit“ haben. Das bedeutet, sie haben angeblich eine gute Chance, sich zu erholen. Das sagt der deutsche Agrarökonom Prof. Joseph Settele aus Halle, Wittenberg. Die Natur „liefert“ uns derzeit noch eine Leistung im Wert von 150 Mrd. Euro. Wenn sie das nicht mehr kann, würde uns das 600 Mrd. kosten. Pflanzen und deren Bestäubung sind auch wichtig unter dem Gesichtspunkt, dass 70% der Medikamente auf Naturpflanzen basieren.(Webinar, 4.4.2024)
Wälder
In Wäldern sollen statt der Monokultur Mischwälder entstehen – mit möglichst unterschiedlichen Altersstufen. Fichten, die als Baum in Deutschland ohnehin in den meisten Gebieten nicht standortgerecht sind, sollten dabei vermieden werden. Die Flächen sollen dadurch resistenter gemacht werden. Der Borkenkäfer z.B. hätte es dadurch sehr viel schwerer. Auch der so entstehende Wald könnte damit wieder eine kühlende Funktion ausüben. Das würde sich bis in die Städte hinein auswirken. Verpflichtend ist dieser Umbau leider nicht. Die EU sieht aber die Aufforstung mit 3 Milliarden Bäumen vor.
Urwälder in Europa (0,01%, Agrarökonom Sebastian Haffner) haben leider nur noch Seltenheitswert. Trotzdem ist es der EU bisher nicht gelungen, den illegalen Einschlag der Urwaldriesen zu stoppen. Nach wie vor findet er in Rumänien und Polen statt. (Webinar, Countdown: Mission Natur retten, 7.11.23) Die EU hat zwar eine diesbezügliche EU-Verordnung verabschiedet, sie ist jedoch erst Ende 2024 anzuwenden.
Moore
Bei der Wieder-Vernässung von Mooren können die Eigentümer diese zur „Wildnutzung“ vorsehen. Das heißt, sie z.B. einmal im Jahr oben abzumähen, um aus dem Maat-Gut Dämmmaterial herzustellen. Da die Bauwirtschaft ebenfalls aufgefordert ist zu dekarbonisieren, entsteht auch ein Markt für solche Produkte. Der Bauer kann aber auch vernässte Flächen für die Paludi-Kultur, also zum Anbau bestimmter Gemüse nutzen. Dies alles ist 1. freiwillig. 2. bietet das „Kompetenzzentrum natürlicher Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums intensive Beratungen dazu an. Die Landwirtschaftskammern ebenso. Und 3. gibt es für all solche Schritte Fördermittel.
Flüsse
Das Gleiche gilt für die Entkanalisierung von Flüssen. Das geschieht einerseits durch den Abbau der Uferbefestigung, andererseits durch die Wiedereröffnung stillgelegter Alt- und Seitenarme. Damit einher geht die wichtige Auen-Wiederherstellung. Auen sind die natürlichen Überflutungsgebiete, die früher alle Flüsse und auch ihre Nebenflüsse hatten. Deiche müssen ebenfalls zurück genommen werden hinter eine Auenfläche. Oder sie werden „geschlitzt“, d.h. sie lassen in bestimmten Abschnitten Wasser durchfließen. Dies zusammen ist erwiesenermaßen ein starkes Mittel für den Schutz gegen Hochwasser. Denn damit stehen große Flächen für die Aufnahme der Regenfälle zur Verfügung. Ein Beispiel dafür ist die Renaturierung der unteren Havel.
Dieser natürliche Hochwasser-Schutz wird aufgrund der zunehmenden Starkregen-Ereignisse und der Verharrung der Regenwolken von Stunden über derselben Region immer wichtiger. Denn die Flutereignisse der letzten Monate, aber auch bereits Jahre zeigen, dass die immer mehr vorhandenen technischen Hochwasser-Schutzwände, aber auch viele Deiche diesem Druck nicht gewachsen sind. Die enormen Schäden finanziell gesehen, machen die Kosten für eine Renaturierungsmaßnahme sogar günstig. Einer Investition von 1 € soll einer Studie zufolge eine Ersparnis von 8 € gegenüberstehen, manche Quellen sprechen sogar von bis zu 47 €.
Meere
Für die Wiederherstellung von 20% der Lebensräume in den europäischen Meeren müssen die EU-Staaten sorgen. Dazu müssen sie der Kommission entsprechende Pläne vorlegen. Außerdem sind sie verpflichtet, sich bis Mitte 2028 auf gemeinsame Fischerei-Regeln zu einigen. Sehr wichtig ist dabei, einen neuen Mechanismus und einen Zeitplan zu verabschieden, um endlich die Grundschleppnetzfischerei zu beenden, da diese den Meeresboden zerstört. Denn damit setzt sie u.a. dort gebundenes CO² frei. Außerdem sollen wieder küstennahe Seegraswiesen wachsen können.
Ver s c h i e b u n g der Abstimmung im Rat
Der Präsident des Ministerrates (aus Belgien, De Croo), der vor der letzten Verhandlung normalerweise bemüht ist, die notwendigen Stimmen zusammen zu bekommen, hat dieses Mal ungewöhnlicherweise das Gegenteil getan. Er hat Stimmen gegen das Gesetz gesucht und schließlich in Ungarn, das schon zugestimmt hatte, die entscheidenden Prozentpunkte gefunden. So fehlt plötzlich ein Land, um die notwendigen 65% der Stimmen zusammen zu bekommen. Die Abstimmung im Rat ist daraufhin verschoben worden. Am 9. Juni sind Europa-Wahlen.
Die nächste und letzte Zusammenkunft des Ministerrats ist am 17. Juni 2024. Der Vorsitzende des Europäischen Rates, Charles Michel, der nach den europäischen Gepflogenheiten, vermitteln müsste, wenn der Ministerrat keine Einigung erzielt, scheint ebenfalls nicht tätig geworden zu sein. Es herrscht Konfusion. Die Stimmen für ein Ja scheinen am Tag vor der Sitzung noch nicht auszureichen.
17. 6. 2024 Breaking News!
Der Rat hat das Gesetz Montagmorgen doch noch verabschiedet, ist auf Twitter zu lesen. Wie das? Ein Land muss sich gefunden haben, das überraschend doch für die Verabschiedung gestimmt hat. Welches?
Frau Leonore Gewessler aus Österreich, die grüne Umweltministerin, hat sich entschieden, gegen das Verbot des österreichischen Kanzlers zu stimmen und auch dessen Drohung mit einer Nichtigkeitsklage zu ignorieren. Ein sehr seltener Vorgang, der von Zivilcourage zeugt! Es ist die Rettung des Gesetzes in letzter Minute. Denn:
Ab 1. Juli hat Ungarn die Ratspräsidentschaft. Und die konstituierende Plenarsitzung des neuen Parlamentes wird vom 16. bis 19. Juli sein.
Die EU bzw. die europäischen Staaten aber hatten schon 2022 in Montreal auf dem Biodiversitätsgipfel beschlossen, ein Gesetz vorzulegen, das die Staaten verpflichtet, die vielen durch die Industrie Europas verursachten Schäden auszugleichen. Schon 2019 hatte der Weltbiodiversitätsrat in seinem globalen Bericht die Verpflichtungen dazu eingefordert.
Besonders wichtig weil:
Dies ist quasi das einzige Gesetz, das verabschiedet werden konnte, das direkt der Natur zu gute kommt. Zwar wird das EU-Gesetz dem Montreal Abkommen nach den vielen erzwungenen Kompromissen nicht mal mehr gerecht. (Schutz nur für 20 statt 30% z.B.)
Aber es wird langfristig hoffentlich auch der Artenvielfalt, die besonders im Niedergang begriffen ist, zu gute kommen.
Und die Verabschiedung ist besonders wichtig, weil nicht nur das Glyphosat-Verbot zum 2. Mal gescheitert, sondern das Gift erneut für 10 Jahre verlängert worden ist. Und auch die gesamte Pestizid-Verordnung, die die Weiterzulassung zumindest in einigen Gebieten etwas abgeschwächt hätte, ist ganz gescheitert. Außerdem hat die Kommission die wenigen Maßnahmen, die sie für die Landwirtschaft getroffen hatte, wie z.B. 4% der Flächen stillzulegen, aufgrund der massiven Bauernproteste vom Winter 2023 zurück genommen.
Flooding the zone with shit
So wird eine neue PR-Strategie der konservativen Rechten genannt. In Österreich wird sie von der regierenden ÖVP, besonders von Europa-Abgeordneten der Partei, von Bauernorganisationen und sogar von der Landwirtschaftskammer angewandt. Diese Strategie diskreditiert die österreichischen und europäischen Grünen und alle, die für das Renaturierungsgesetz eintreten mit massiven Falschinformationen. 6 000 Forschende haben in einem offenen Brief die haarsträubendsten Fehlinformationen benannt:
- z.B. die Bauern müssten jetzt Schmetterlingszählungen vornehmen. In der Tat gehört das zum Gesetz, aber dafür sind Experten vorgesehen.
- Die Ernährungssicherheit sei nicht mehr gegeben – s. dazu oben den Absatz zur EU-Landwirtschaft.
- Schließlich wird sogar vor einer Enteignung der Bauern gewarnt – dabei gibt es nicht mal mehr eine Pflicht, einen kleinen Prozentsatz von Flächen stillzulegen. Gegen Entschädigung war das als Mittel zur Erholung der Artenvielfalt angedacht.
Damit wird nicht nur das Vertrauen in die Politik, in die Demokratie und in die EU massiv und langfristig beschädigt. Sondern auch das Vertrauen in die Ökologie- und Klimaforschung wird untergraben. Das Resultat bei Wählern ist oft entweder Wahlenthaltung oder die Wahl rechtsextremer Parteien.
Nachfolgekonferenz zu Montreal im Nov. 2024
Die nächste UN-Klimakonferenz, die 29. wird in diesem Jahr in Baku, Aserbaidschan, stattfinden. 11 Tage sind für die COP 29 angesetzt. Dort wird es nicht mehr nur darum gehen, wie die 2022 proklamierten Ziele rechtzeitig umgesetzt werden können. Gerade unter diesem Gesichtspunkt war ja die „Rettung“ des EU-Renaturierungsgesetz so eminent wichtig.
Sondern, es wird in Baku vor allem auch darum gehen, wer wieviel Geld in die Hände nimmt. In Baku soll sich entscheiden, wie die Welt mit dem Ziel der Bekämpfung des bereits immer stärker spürbaren Klimawandels vorwärts kommt. Und dabei geht es vor allem darum, wieweit die Industrieländer den besonders vom Klimawandel betroffenen sog. Entwicklungsländern bei der Bewältigung der Aufgaben helfen werden. Denn gerade diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, aber unter den Schäden am meisten leiden, haben nicht die notwenigen finanziellen Ressourcen, damit fertig zu werden.
Aber die Vorkonferenz in Bonn im Juni 2024 hat nur wenige Ergebnisse gebracht und war diesbezüglich nicht zufriedenstellend.
1.7.2024 Klima-Anpassungsgesetz in Deutschland in Kraft
Die Tagesschau bringt um 20 Uhr einen Bericht über die Renaturierung eines kleinen Baches, der durch Trier fließt und bislang kanalisiert war, der Olewiger Bach oder sogar nur ein Seitenarm. Zwei Wochen nach Entsiegelung und Befreiung des Baches auch aus teilweiser Verrohrung kam ein Starkregen. Der führte zu 30% mehr Durchfluss als frühere Regenereignisse, die Schäden hinterließen. Die Zuständigen konnten über „erste positive Auswirkungen“ berichten, d.h. über weniger Schäden.
Das EU-Renaturierungsgesetz ist am 18.8.2024 in Kraft getreten.